XXXVI. Abschnitt: Das Reichskriegswesen. 651
bezw. die Senate die Offiziere ihrer Kontingente mit der Einschränk-
ung des Art. 64 der Reichs-Verfassung ernennen und dieses Recht wird
auch von Bayern, Württemberg und Baden tatsächlich ausgeübt, während
die andern Bundesstaaten hierauf verzichteten. (Gesetz vom 2. Mai 1874
87, 1.) Sie sind Chefs und oberste Befehlshaber aller ihren Gebieten
angehörenden Truppenteile und genießen die damit verbundenen Ehren,
nämlich das Verleihungs= und das Ehrenbezeugungs-Anspruchsrecht rc.
Sie haben namentlich das Recht der Inspizierung zu jeder Zeit und
erhalten außer den regelmäßigen Rapporten und Meldungen über vor-
kommende Veränderungen behufs der nötigen landesherrlichen Publi-
kation rechtzeitige Mitteilung von den die betreffenden Truppenteile be-
treffenden Avancements und Ernennungen. Auch steht ihnen das Recht
zu, zu polizeilichen Zwecken nicht bloß ihre eigenen Truppen
zu verwenden, sondern auch alle andern Truppenteile des Reichsheeres,
d. h. andere deutsche Kontingente, welche in ihren Ländergebieten dis-
loziert sind, zu requirieren. (Reichs-Verf. Art. 66, Preuß. Gesetz v. 4. Januar
1851, Garnisons-Instr. v. 5. April 1885 und Vertrag mit Bayern III, § 5 III, Abs. 1.)
Die Bundesfürsten bezw. Senate haben auch die oberste Gerichts-
herrlichkeit, die oberste Disziplinargewalt und das Begnadigungsrecht.
8 des Betes v. 1. Dezember 1898 S. 1289, Militär-Konvention mit Württem-
erg Art. 5.
Hinsichtlich des Treuverhältnisses ihrer Soldaten
siehe z. B. Sächsische Militär-Konvention Art. 6, Württemb. Militär-
Konvention Art. 4.
Die sämtlichen Militärausgaben für die Kontingentsheere (also
namentlich die Gehalte ihrer Adjutanturen) werden vom Reich bezahlt.
(Sten. Bericht 1867 II. S. 286.)
Die Ernennung, Beförderung, Versetzung 2c der Offiziere und Be-
amten des Königlich Württembergischen Armeekorps erfolgt
durch Seine Majestät den König von Württemberg, diejenige des Höchst-
kommandierenden für das Armeekorps nach vorgängiger Zustimmung Seiner
Majestät des Königs von Preußen als Bundesfeldherr. Seine Majestät
der König von Württemberg genießt als Chef seiner Truppen die ihm
Allerhöchst zustehenden Ehren und Rechte und übt die entsprechenden
gerichtsherrlichen Befugnisse samt dem Bestätigungs= und Begnadigungs-
recht bei Erkenntnissen gegen Angehörige des Armeekorps aus, welche
über die Befugnisse des Armcekorps-Kommandanten, beziehungsweise des
Königlich Württembergischen Kriegministeriums hinausgehen. (Reichs-
Verf. Art. 5.)
Unbeschadet der dem Bundesfeldherrn gemäß der Bundesverfassung
zustehenden Rechte der Disponierung über alle Bundestruppen und ihrer
Dislozierung soll für die Dauer friedlicher Verhältnisse das Württem-
bergische Armeekorps in seinem Verband und in seiner Gliederung
erhalten bleiben und im eigenen Lande disloziert sein; eine hiervon
abweichende Anordnung des Bundesfeldherrn, sowie die Dislozierung
anderer deutscher Truppenteile in das Königreich Württemberg soll in