Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

686 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts. 
Wer in einem in Belagerungszustande erklärten Orte oder Distrikte 
der vorsätzlichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Verursachung einer 
Ueberschwemmung, oder des Angriffs oder des Widerstands gegen die 
bewaffnete Macht, oder Abgeordnete der Zivil= oder Militärbehörde in 
offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen 
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann statt der Todesstrafe 
auf 10= bis 20jährige Zuchthausstrafe erkannt werden. (8 8.) 
Vergl. Einf.-Ges. zum Strafgesetzbuch zu §§ 81, 88, 90, 307, 311, 312, 
315, 322, 323, 324. 
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte 
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen 
Siege der Feinde oder Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte 
ausstreut oder verbreitet, welche geeignet sind, die Zivil= oder 
Militärbehörden hinsichtlich ihrer Maßregeln irre zu führen, oder 
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes oder während des- 
selben vom Militärbefehlshaber im Interesse der öffentlichen 
Sicherheit erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher Ueber- 
tretung auffordert oder anreizt, oder 
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen Widersetzlichkeit, 
der Befreiung eines Gefangenen, oder zu anderen in 8 8 vor- 
gesehenen Verbrechen, wenn auch ohne Erfolg, auffordert oder 
anreizt, oder 
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen gegen die Sub- 
ordination oder Vergehungen gegen die militärische Zucht und 
Ordnung zu verleiten sucht, 
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, 
mit Gefängnis bis zu 1 Jahr bestraft werden. (§ 9.) 
Wird unter Suspension des Art. 7 der Verfassungsurkunde zur 
Anordnung von Kriegsgerichten geschritten, so gehört vor dieselben die 
Untersuchung und Aburteilung der Verbrechen des Hochverrats, des 
Landesverrats, des Mordes, des Aufruhrs, der tätlichen Widersetzung, 
der Zerstörung von Eisenbahnen und Telegraphen, der Befreiung von 
Gefangenen, der Meuterei, des Raubs, der Plünderung, der Erpressung, 
der Verleitung der Soldaten zur Untreue, und der in den §§ 8 und 9 
mit Strafe bedrohten Verbrechen und Vergehen, insofern alle genannten 
Verbrechen und Vergehen nach der Erklärung und Bekanntmachung des 
Belagerungszustandes begangen oder fortgesetzte Verbrechen sind. 
Abs. 2 ist seit Einführung des preußischen Strafgesetzbuchs aufgehoben. 
Ist die Suspension des Art. 7 der Verfassungsurkunde nicht vom 
Staatsministerium erklärt, so bleibt in Friedenszeiten bei den von dem 
Kriegsgerichte eingeleiteten Untersuchungen die Vollstreckung des Urteils 
ausgesetzt, bis die Suspension vom Staatsministerium genehmigt ist. 
(§ 10.) S. nun Gerichtsverfassungsgesetz § 16. 
Die Kriegsgerichte bestehen aus 5 Mitgliedern, unter denen 2
	        
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