Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

706 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts. 
Die Beorderung der Militärpflichtigen 2c. zur Musterung. 
Die Beorderung der Militärpflichtigen zur Musterung erfolgt 
durch die Gemeindevorsteher rc. 
Ein Militärpflichtiger, welcher der Beorderung zur 
Musterung keine Folge leistet, kann durch Anwendung gesetzlicher 
Zwangsmaßregeln zur sofortigen Gestellung angehalten werden. 
Wer durch Krankheit am Erscheinen im Musterungstermine ver- 
hindert ist, hat ein ärztliches Zeugnis einzureichen. Dasselbe ist durch 
die Polizeibehörde zu beglaubigen, sofern der ausstellende Arzt nicht 
amtlich angestellt ist. 
Seine außerterminliche Musterung darf durch die Ersatzkommission 
veranlaßt werden. 
Gemütskranke, Blödsinnige, Krüppel rc. dürfen auf Grund eines 
derartigen Zeugnisses von der Gestellung überhaupt befreit werden. 
Wer sich der Gestellung böslich entzieht, wird als unsicherer Dienst- 
pflichtiger behandelt. Er kann außerdienstlich gemustert und sofort zum 
Dienste eingestellt werden. 
Alle in Strafhaft befindlichen und diejenigen in Untersuchungs- 
haft befindlichen Militärpflichtigen, deren Vorführung durch den zu- 
ständigen Richter als zulässig bezeichnet wird, sowie die in Arbeitshäusern 
u. s. w. untergebrachten Militärpflichtigen sind, ohne Rücksicht darauf, ob sie 
im Aushebungsbezirke gestellungspflichtig sind oder nicht, durch vom 
Zivilvorsitzenden bestimmte Polizei= 2c. Organe im Musterungstermine 
vorzuführen. 
Im übrigen ist eine Gestellung in einem andern Musterungs- 
bezirke nur ausnahmsweise zulässig, wenn Militärpflichtige ohne ihr 
Verschulden an der Teilnahme an dem in ihrem Musterungsbezirke 
stattgehabten Musterungsgeschäfte verhindert waren. 
Die Gestellungspflicht. 
Die Gestellungspflicht ist die Pflicht der Militärpflichtigen, sich 
behufs Herbeiführung einer endgültigen Entscheidung über ihre Dienst- 
verpflichtung vor den Ersatzbehörden zu gestellen. Die Gestellung findet 
höchstens zweimal jährlich statt. (Gesetz vom 6. Mai 1880 Art. II 8 10.) 
Jeder Militärpflichtige ist in dem Aushebungsbe- 
zirke gestellungspflichtig, in welchem er sich zur Stamm- 
rolle zu melden hat. 
Wünschen im Auslande sich aufhaltende Militärpflichtige ihrer 
Gestellungspflicht in näheren Aushebungsbezirken zu genügen, so haben 
sie bei ihrer Anmeldung zur Stammrolle die Ueberweisung nach diesen 
Bezirken zu beantragen. Sie können auch durch Vermittlung der Be- 
hörde des näheren Bezirkes sich zur Stammrolle melden und zugleich 
ihre Ueberweisung herbeiführen lassen. In dem Bezirke, dem sie über- 
wiesen sind, bleiben sie gestellungspflichtig, wenn nicht eine Ueberweisung 
an einen anderen Bezirk stattfindet.
	        
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