786 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts.
Reichen auch die vom Reichstag bewilligten Einnahmen nicht zur
Deckung der gemeinschaftlichen Ausgaben zu, so sind die einzelnen
Bundesstaaten nach Reichs-Verfassung Art. 70 verpflichtet, den budget-
mäßigen Rest durch Zahlung der sogenannten Matrikularbeiträge auf-
zubringen, falls nicht die Aufnahme einer Anleihe oder Uebernahme
einer Garantie zu Lasten des Reichs im Wege der Reichsgesetzgebung
erfolgt. (Neichs-Verf. Art. 73.)
Die Bewilligung der gemeinschaftlichen Ausgaben erfolgt in der
Regel für 1 Jahr, kann jedoch in besonderen Fällen auch für eine
längere Dauer geschehen. (Neichs-Verf. Art. 71.)
Was die Wirkung des Budgetrechts anbelangt, so unterliegt es
keinem Zweifel, daß dem Reichstag konsequenterweise auch die Befuguz
zusteht, die Nachweisung der richtigen Verwendung aller Einnahmen des
Reichs zu verlangen. Die Prüfung der richtigen Verwendung derselben
ist zunächst dem Rechnungshof zugewiesen und zwar hat dieser Rechnungs-
hof sowohl die richtige Erhebung und Verwendung aller Einnahmen,
als auch die Richtigkeit der gesamten Finanzverwaltung, d. h. die Ei-
haltung der einschlägigen Vorschriften zu prüfen und das Ergebnis dem
Reichstag wie dem Bundesrat vorzulegen.
Dabei ist dem Reichstag ein Verzeichnis des als Eigentum des
Reichs festgestellten Grundbesitzes mitzuteilen, auch alljährlich von den
im Grundbesitz des Reichs stattgehabten Veränderungen Kenntnis zu
geben. (Gesetz vom 25. Mai 1873 8 12 S. 116.)
Dabei ist zu bemerken, daß nach Reichs-Verfassung Art. 72 Etatz-
Ueberschreitungen und außeretatsmäßige Ausgaben ebenso wie geringere
Erhebungen oder Verwendungen von Einnahmen der Genehmigung des
Reichtags zu unterstellen sind. (Sten. Ver. 1867 II S. 121.)
Die Erteilung der Decharge, die auch bedingt oder teilweise oder
gar nicht erfolgen kann, erfolgt durch Beschluß. Bestimmte Formen sind
hierbei nicht vorgeschrieben.
8. Kapitel.
Die Ausgaben des Reichs.
Nach Art. 69 der Reichs-Verfassung sind alle Ausgaben des Reichs
für jedes Jahr zu veranschlagen und auf den Reichshaushalts-Etat zu
bringen, wo sie dann durch ein besonderes Etatsgesetz festgestellt werden.
Die gemeinschaftlichen Ausgaben werden in der Regel für 1 Jahr
bewilligt, können jedoch in besonderen Fällen auch für eine löngere
Dauer bewilligt werden. (Neichs-Berf. Art. 71.)
Diese Verfassungs-Bestimmungen der Art. 69 und 71 finden für
das bayerische Heer nur nach Maßgabe des Bündnis-Vertrages vom
23. November 1870 (Neichs-Gesebl. 1871 S. 9) nur insoweit Anwendung,
als dem Bundesrate und dem Reichstage die Ueberweisung der für das