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II. Abschnitt: Das Reich und die Bundesstaaten. 63
lands oder im Interesse des gemeinsamen Verlehrs für notwendig
erachtet werden, können kraft eines Reichsgesetzes auch gegen
den Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die
Eisenbahnen durchschneiden, unbeschadet der Landeshoheitsrechte,
für Rechnung des Reiches angelegt oder an Privatunternehmer
zur Ausführung konzessioniert und mit dem Expropriationsrechte
ausgestattet werden. (Reichs-Verfassung Art. 41, Abs. 1).
Dem Reiche steht auch Bayern gegenüber das Recht zu,
im Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion
und Ausrüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisen-
bahnen aufzustellen. (Reichs-Verfassung Art. 46, Abs. 3).
Im Ferneren steht dem Reiche die Kontrolle über das
Tarifwesen zu (Reichs-Verfassung Art. 45). Ein Oberaufsichtsrecht
ist übrigens mit dem Ausdruck Kontrolle nicht gemeint, sondern
der Gedanke ist der, daß der Ausschuß des Bundesrates, welcher
nach Art. 8 der Reichs-Verfassung für das Eisenbahnwesen ge-
bildet ist, die Befugnis erhält, von den Tarifen Kenntnis zu
nehmen und mit der Tendenz, wenn es ihm geeignet scheint,
die beteiligten Regierungen zu einer Einwirkung, soweit sie ihnen
gesetzlich zusteht, auf ihre Eisenbahnen im Sinne des Art. 45
zu veranlassen (Sten. Bericht 1867, S. 507 1).
. Der Flößerei= und Schiffahrtsbetrieb auf den mehreren Staaten
gemeinsamen Wasserstraßen und der Zustand der letzteren, sowie
die Fluß= und sonstigen Wasserzölle. Desgleichen die See-
schiffahrtszeichen (Leuchtfeuer, Tonnen, Baken und sonstige Tages-
marken). (Reichsgesetz vom 3. März 1873, S. 47.)
Das Reich hat das Verfahren zur Ermittelung der Ladungs-
fähigkeit der Seeschiffe zu bestimmen, die Ausstellung der Meß-
briefe, sowie der Schiffscertifikate zu regeln und die Bedingungen
festzustellen, von welchen die Erlaubnis zur Führung eines See-
schiffes abhängig ist. Reichs-Verfassung Art. 54, Abs. 2.)
Auf fremde Schiffe oder deren Ladungen andere oder
höhere Abgaben zu legen, als von den Schiffen der Bundes-
staaten oder deren Ladungen zu entrichten sind, steht keinem
Einzelstaate, sondern nur dem Reiche zu. Ckeichs-Verfassung
Art. 54, Abs. 5.)
Das Post= und Telegraphenwesen, jedoch in Bayern und
Württemberg nur nach Maßgabe der Bestimmung im Art. 52.
Hiezu bestimmte Art. 48 Abs. 2 der Reichs-Verfassung: diese
Ziff. 10 erstreckt sich nicht auf diejenigen Gegenstände, deren
Regelung nach den in der Norddeutschen Post= und Telegraphen-
verwaltung maßgebend gewesenen Grundsätzen der reglementarischen
Festsetzung oder administrativen Anordnung überlassen ist.
Dem Reiche ausschließlich steht die Gesetz-
gebung über die Vorrechte der Post= und Tele-