Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

II. Abschnitt: Das Reich und die Bundesstaaten. 67 
Ferner erklärte der Bundeskommissar v. Savigny am 
19. März 1867 (Sten. Bericht S. 251, Sp. H): 
„Wir haben im Allgemeinen nur auf den Gebieten die Gesamt- 
kräfte der Nation zusammenzufassen gestrebt, wo sie zu ihrer Entfaltung 
nach innen wie nach außen in einer Hand das Tüchtigste zu leisten 
vermögen. Auf allen andern Gebieten dagegen haben wir die Autonomie 
der einzelnen Staaten möglichst wenig beschränken wollen.“ 
Rücksicht ist z. B. in dieser Desichung auf die Selbständigkeit der einzelnen 
Staaten genommen in Reichs-Verfassung Art. 6 und im Reichstagswahlgesetz 
rt. 5 und 6. 
Die Souveränetät des Reiches ruht deshalb auch 
nicht bei dem Kaiser, sondern bei den verbündeten 
Regierungen, an welchen die Einzelstaaten nach Maß 
gabe des Art. 6 der Reichs-Verfassung teilnehmen. 
(Bismarck im Reichstag. Sten. Bericht 1871, S. 95). Die Selbständigkeit 
der Einzelstaaten ist aber auch verfassungsmäßig garantiert und geschützt 
durch Art. 78, Abs. 1, Satz 2, welcher bestimmt, daß Verfassungs- 
änderungen als abgelehnt gelten, wenn sie im Bundesrate 14 Stimmen 
gegen sich haben. In noch größerem Maße sind aber namentlich die 
sogenannten Reservatrechte der Bundesstaaten gegen Beeinträchtigungen 
geschützt durch Reichs-Verfassung Art. 78, Abs. 2, indem diejenigen 
Vorschriften der Reichs-Verfassung, durch welche bestimmte Rechte 
einzelner Bundesstaaten in deren Verhältnis zur Gesamtheit festgestellt 
find, nur mit Zustimmung des berechtigten Bundesstaates abgeändert 
werden können (s. auch Reichs-Verfassung Art. 74 und 75). Andererseits 
nehmen die einzelnen Bundesstaaten an der Ausübung der Reichshoheit 
durch ihre Bevollmächtigten zum Bundesrat und ihre gewählten Ab- 
geordneten zum Reichstag teil. (Anl.-Bd. III, 1871, S. 157.) 
  
6. Kapitel. 
Die Rechte der Einzelstaaten am Reich. 
I. Die Mitgliedschaftsrechte. 
Die Bundesglieder stehen qualitativ prinzipiell gleichberechtigt zu 
einander und deshalb sind Bevorzugungen oder Prägravationen grund- 
sätzlich unzulässig (Reichs-Verfassung Art. 20, 58 und 70). Auch haben die 
Bundesglieder (und zwar jedes einzelne) gleichmäßig Anspruch auf den 
Schutz des Reiches (Reichs.Verfassung Art. 3, Abs. 6). 
An diesen Grundsätzen ändert die in Reichs-Verfassung Art. 6 
bezeichnete Stimmenverteilung im Bundesrat nichts, denn nach Reichs- 
Verfassung Art. 7, Abs. 2 hat jedes Bundesglied das Recht, Vorschläge 
zu machen und im Bundesrat in Vortrag zu bringen und das Präsidium 
ist in der Folge verpflichtet, dieselben der Beratung zu übergeben; ja 
selbst dann, wenn die Ansichten einer Regierung von der Mojorität
	        
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