102 Sachsen während des Befrelungskriegs von 1813.
Sweites Hauptflück.
Sachsen während des Befreiungskriegs von 1813.
Man war zwar in Dresden von dem Rückzuge der Fran-
zosen aus Moskau und von den Kämpfen an der Berezina
im allgemeinen unterrichtet, von der entsetzlichen Wirklichkeit
aber hatte niemand eine Ahnung, als plötzlich in der Nacht
vom 16. zum 17. Dezember ein Curier dem französischen
Gesandten v. Serra die bevorstehende Ankunft des Kaisers
meldete. Zwei Stunden darauf traf dieser selbst ein und stieg
in Serra's Wohnung ab. Schleunig geweckt warf sich der
König in die Kleider und eilte, er, der noch nie in Dresden
ein Privathaus betreten hatte, auf des Kaisers Begehren eben-
dahin. Im Bett des Gesandten liegend unterhielt sich der
Kaiser anderthalb Stunden lang mit ihm; er gestand seine
Verluste aber prahlte mit seinen Hilfsguellen, mit den 100000
Mann, die er am Niemen habe und die zur Vertheidigung der
Weichsellinie ausreichten; mehr Besorgniß als wegen Preußens
ließ er wegen Osterreich blicken, dessen sorgsame Beobachtung
er empfahl, und richtete des Königs Zuversicht durch das Ver-
sprechen auf, bald mit neuen Kräften zurückzukehren. Nachdem
er noch ein Schreiben an seinen Schwiegervater gerichtet 1),
trat er gegen sieben Uhr reisefertig und einen Gassenhauer
trällernd in den Salon und setzte nach eilig genommenem
Frühstück, da sein eigener Wagen zerbrochen war, in einem
schnell auf Schlittenkufen gesetzten Wagen der Königin uner-
kannt die Reise über Leipzig fort ?).
Erst durch den General v. Watzdorf, sächsischen Militär-
bevollmächtigten im französischen Hauptquartier, der gegen Ende
10 Corresp. de Nap. IXIV, 395.
2) Senfft, p. 186.