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104 Das weimarische Grafenhaus.
Eichsfeld die Grafschaft besaß und die Gunst des sächsischen
Königshauses genoß, gewinnt zuerst mit dem Grafen Wilhelm
von Weimar eine hervorragende Bedentung. In einer gewissen
Nebenbuhlerschaft scheint dieses Haus dem in Thüringen eben-
falls reich begüterten ekkihardischen gegenübergestanden zu haben.
Denn als Heinrich II. seinem stolzen Thronbewerber, Mark-
graf Ekkihard, den Vorzug abgewonnen, war es Wilhelm, der
als mächtigster der Thüringer dem neuen Herrn huldigend und
grüßend entgegenzog und für seine Landslente zum Dank den
Erlaß der nach alten Herkommen alljährlich zu liefernden 500
Schweine erlangte. Gewiß ist diese Mitwirkung der thüringi-
schen Großen an Ekkihards Sturz ebenfalls als ein Symptom
des Strebens nach der provinziellen Autonomie, wie sie andere
Reichstheile bereits besaßen, anzusehen. Noch einmal trat Thü-
ringen mit der Mark Meißen dadurch in engere Beziehung, daß
zwei Grafen von Weimar, Wilhelm und dann sein Bruder
Otto, hier die markgräfliche Würde erhielten.
Bald jedoch vereinigten sich verschiedene Umstände, um auch
in Thüringen auf die Entstehung eines besonderen Fürstenthums
hinzuwirken. Begünstigt aufänglich durch königliche Huld, dann
durch die seit Heinrichs IV. Zeit entschiedene Niederlage des
Königthums und das allgemeine Aufstreben der Fürstenmacht,
nicht minder durch die Abwesenheit eines thüringischen Bisthums,
gelang es dem aus der Ferne hierher verpflanzten Geschlechte
der Ludewinger sich über alle anderen Eingeborenen hinweg auf
den Fürstenstuhl von Thüringen emporzuschwingen.
Ein edler Herr hoher Abkunft, Ludwig der Bärtige bei-
genannt, erscheint um 1039 in Thüringen, unter der Regierung
Konrads des Saliers und der Gisela, als dereg naher Ver-
wandter er bezeichnet wird. Am kaiserlichen Hofe bekleidete er
die Stelle eines Oberhofmeisters oder Hofmarschalls und stand
in hohen Ehren. Über seine Abstammung herrscht noch sehr
verschiedene Ansicht, Gewißheit nicht. Nach der gewöhnlichen
Annahme soll Ludwig ein Sohn des Herzogs Karl von Lothrin=
gen oder ein Bruderssohn des Königs Lothar von Frankreich,
also Geschwisterkind mit dem 987 gestorbenen letzten karolinger
Könlg Ludwig V., dem Faulen, gewesen sein. Karl, sein