202 Thüringen; Inneres 1130 —1247.
dem den fröhlichen Lebensgenuß liebenden Landgrafen Hermann I.
und seiner zweiten Gemahlin Sophia wetteiferte der Hof auf
der Wartburg mit dem zu Wien und mit dem Kaiserhofe in
der Pflege des höfischen ritterlichen Minnegesangs. Er war
es, der Heinrich von Veldek in, den Stand setzte seine Eneit zu
vollenden, seiner Huld genossen Herbert von Fritzlar, Wolfram
von Eschenbach, Albrecht von Halberstadt, vor allen aber Wal-
ther von der Vogelweide, dessen Aufenthalt am thüringer Hofe
wahrscheinlich von 1204 bis 1211, jedoch mit verschiedenen
Unterbrechungen währte 1). Die Freigebigkeit des verschwen-
derischen Landgrafen, „der mit Freuden all sein Gut streut“,
der Glanz und das bunte, lustige Treiben an seinem Hofe wur-
den laut von den Sängern gepriesen, von keinem schöner und
sinniger als von dem gemüthreichen Walther 2). Der „thü-
ringer Herrenton"“ wurde die in des milden Landgrafen Dienste
erfundene Weise genannt. Der Zudraug der fahrenden Sänger
auf der Wartburg war so groß, daß Wolfram von Escheubach
seine Mißbilligung darüber nicht zurückhält und auch Walther
daran mahnt, daß man Gefüge und Ungefüge, Kraut und Un-
kraut unterscheiden und letzteres ausraufen soll. Die beiden
letztgenannten erscheinen auch als Theiluehmer an jenem be-
rühmten Sängerkriege auf der Wartburg, wo um Leben
und Tod gesungen wurde, neben Heinrich von Ofterdingen,
Reimar von Zweter (oder dem Alten), Biterolf und dem tugend-
haften Schreiber. Niemand theilt jetzt mehr die Meinung, als
wären die Lieder, welche das Gedicht vom Wartburgkriege den
Sängern in den Mund legt, wirklich von diesen gedichtet wor-
den, schon darum nicht, weil diese Gattung von Streitgedichten,
an welchen sich mehre Verfasser betheiligten, vor Ende des
1) Menzel, Leben Walthers v. d. V. (1865), S. 149 ff.
2) Ausg. von Lachmann 35:
„ Ich bin des milten lantgräven ingesinde:
ez ist nün site, daz man mich iemer bi den tiursten vinde,
die andern fürsten alle sint vil milte, icdoch
85 stactcclichen niht: er was ez 6 und ist ez noch.
— — — — — .— ".— —— –’ — —
Der Dürnge bluomo sechĩnet dur den end,
summer und winter blüct sin lop als in den ersten jären.“