Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

24 Inneres 1190 — 1324. 
Die Kirche schritt während dieses Zeitraums auf dem 
Wege äußerer Ausdehnung und Bereicherung fort, ohne daß 
doch ihre innere Ausbildung damit gleichen Schritt gehalten 
hätte. Einzelnen Stiftern und Klöstern wurde das Recht er- 
theilt, Reichslehen zu erwerben, ja zuweilen sogar die Ge- 
nehmigung des Reichs zu solchen Erwerbungen im voraus ein- 
für allemal ausgesprochen; auch der Markgraf erhielt die Be- 
fugniß, unter nachträglicher Genehmigung des Königs Reichsgut 
zur Ausstattung von Kirchen zu verwenden. 1) Der Glaube 
an die Verdienstlichkeit trieb zu immer neuen Klostergründungen; 
es sind deren während dieses Jahrhunderts in unseren Landen 
etwa 60 entstanden, Heinrich der Erlauchte selbst hat die zu 
Grünhain, Nenzelle, Nimpschen und Seußlitz gestiftet. In 
letzterem beschloß Gertrud, Heinrichs des Grausamen von Oster- 
reich Tochter, 1288 ihre Tage, die Frau wunderbarer Schick- 
sale, die Mutter des unglücklichen Friedrich von Baden. Die 
Bettelorden fanden sehr bald nach ihrer Eutstehung Eingang in 
Meißen, ohne daß ein erheblicher Einfluß derselben wahrzuneh- 
men wäre, am wenigsten auf die Klosterzucht. Die Chronik des 
Lauterbergs ist angefüllt mit Klagen über deren Verfall und 
mit Beispielen davon; Mönche wie den strengen Abt Siegfried 
von Pegau mochte es wenige geben. In Zschillen, wo die mit 
Reform bedrohten Mönche zuletzt gegen Probst und Prior die 
ärgsten Gewaltthätigkeiten verübten, war die Zuchtlosigkeit so 
hoch gestiegen, daß 1289 der Bischof von Meißen das Kloster 
dem deutschen Orden überwies. Hand in Hand damit ging die 
üble Verwaltung des Klostergutes, so daß viele Klöster durch 
Schulden überbürdet zur Veräußerung von Besitzungen schreiten 
mußten. Desto ersprießlicher wirkten die Spitäler, wie das 
berühmte St. Maternispital in Dresden und die zu Freiberg, 
Meißen und an anderen Orten für die Kranken= und Armen- 
Pflege. Dagegen wurde schon damals die Sekte der Flagellanten, 
obgleich sie ursprünglich nur dem unkräftigen und rein äußer- 
lichen Ablaßwesen der Kirche ihre ernste und volksthümliche Buße 
1) Belege bei v. Posern-Klett a. a. O., S. 17. — Ein Ver- 
zeichniß der Klöster in Heinrichs des Erlauchten Ländern s. Tittmann 
I, 310.
	        
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