Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

892 Kursfürst Friedrich der Sanftmülhige 
Der Kurfürst fand es, vielleicht durch den Argwohn ver- 
anlaßt, daß die böhmische Regierung bei dem Anschlag nicht 
unbetheiligt gewesen sei, aungemessen, den Hergang in einem 
Lusschreiben, unter andern Fürsten auch seinen Schwägern von 
Hessen und Brandenburg, mitzutheilen. 
Wenn auch Herzog Wilhelm fortan in gutem Vernehmen 
mit seinem Bruder Friedrich blieb, so gingen doch ihre häus- 
lichen und politischen Lebensbahnen weit auseinander. Frie- 
drichs Ehe mit Kaiser Friedrichs Schwester Margarethe war 
glücklich und gesegnet; Wilhelms Ehe mit Albrechts II. Tochter 
Anna unglücklich und ohne männliche Erben. Friedrich liebte 
die Ruhe, wenn sie mit Ehren erhalten werden konnte, und 
blieb im Lande, für welches er landesväterlich sorgte; Wilhelm 
ging in weitaussehende politische Händel ein, machte weite 
Reisen und hatte in seinen Plänen auf Luxemburg und Böhmen 
keinen glänzenden Erfolg; doch entsprach gerade ein solches 
Leben seinem heftigen und kriegerischen Charakter, daher deun 
wohl das Sprichwort von ihm sagte: „wenn Wilhelm die 
Sporen angelegt habe und zu Weimar über den Hof gehe, so 
höre man ihn bereits über das ganze Thüringerland und 
möchte sich dann wohl vorsehen, wer ihm sie anzulegen Ursache 
gegeben“, wie dies 1458 die Besitzer der Burgen Jühnde, 
Bramburg und Herstelle erfuhren, welche des Herzogs Unter- 
thanen mit Raub und Wegelagerung geplagt hatten. 
Es war keine gute Vorbedentung für Wilhelms Ehe ge- 
wesen, daß schon die Hochzeitsfeier durch den beginnenden Bruder- 
krieg gestört wurde. An der Hochzeitsfackel zündete sich die des 
Krieges an. Der Herzogin auf die fränkisch-sächsischen Be- 
sitzungen verschriebenes Leibgediunge ging durch Veräußerung an 
den Vitzthum verloren. Dafür verschrieb ihr Wilhelm, wenn 
er unbeerbt verstürbe, seine ganzen Länder; eine so seltsame 
Freigebigkeit, daß sie sich nur aus Wilhelms. Spannung mit 
J. Gersdorf, Einige Aktenstücke zur Geschichte des sächs. Prinzenraubes 
(1855). Über das 1822 am Fllrstenberg errichtete Denkmal s. Hering, 
Geschichte des sächs. Hochlands (1828) II, 166. Proben aus Kramers 
Lateinischem Schauspiele darllber von 1593 f. v. Braun, Monatl. 
Ausz. IV, 489.
	        
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