Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

438 Kurfürst Friedrich der Weise. 
und sieben Pfarrstellen ihr zugewendet, so daß die Professoren 
zugleich Kanonici der Stiftskirche waren und die geistlichen 
Stellen durch Vicarien verwalten ließen. Doch betrugen die 
ersten Einkünfte noch nicht mehr als 2561, die Ausgaben aber 
3795 Gulden. Die ersten Lehrer waren fast alle Geistliche, 
besonders auch Augustiner, und erst 1508 kam ein Lehrer der 
Arzneikunde an. Der erste Decan der theologischen Facultät 
war der Generalvicar jenes Ordens in Sachsen, Johann von 
Staupitz, auf dessen Empfehlung der Kurfürst 1508 den 1507 
zum Priester geweihten erfurter Augustinermönch Luther (1483 
10. November zu Eisleben geboren, zu Magdeburg und Eisenach 
Schüler, seit 1501 zu Erfurt Student der Rechte und schon 
1503 Magister, seit 1505 aber Novize im dortigen Augustiner- 
kloster) als Lehrer der Philosophie und Baccalaureus tanquam 
ad biblia an die junge Universität berief. Wenn er hier nun 
neben der Philosophie sogleich die Bibel zu erklären anfing, so 
war doch seln früheres eifriges Rechtsstudlum gewiß für seinen 
Geist nicht ohne Einfluß geblieben. 1) 
  
Zu der Größe der Zeit, welche seit der Mitte des 15. bis 
zur Mitte des 16. Jahrhunderts im Entwickelungsgange der 
Menschheit kam, — ausgezeichnet durch den Sturz des ver- 
alteten Ost-Roms und seine literarischen Folgen für den Westen, 
durch die Bildung neuer Staatenverhältnisse über Burgund und 
Italien und eines europäischen Staatensystems, besonders als 
die Staaten Westeuropas, nach innen fester gestaltet, eine aus- 
wärtige Politik zu haben aufingen, durch die Entdeckung der 
Seewege nach Ost= und West-Iudien, durch das Wiederaufleben 
classischer Literatur in Deutschland nach dem Vorgange Italiens, 
durch die nun bemerkbaren Folgen der Buchdruckerkunst und den 
Segen immer zahlreicherer Universitäten, überhaupt durch eine 
Vereinigung der merkwürdigsten Coefficienten, — hat Sachsen 
1) Benutzt sind außer einigen Urkunden in Rudolphi, Gotha 
diplomatica: Grohmann, Annalen der Universttät Wittenberg (Meißen 
1801) I, und ein Anssatz von Pölitz in den Jahrbb. der Gesch. und 
Staatskunst (1828) XII, 282—307.
	        
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