Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

1618 
450 Kurfürst Friedrich der Weise. 
gewesen. ) Aber Beiden kam bald eine andere Überzeugung. 
Die Dominicaner setzten seine Citation nach Rom (7. Angust 
1518) durch, und Leo verlangte von dem Kurfürsten seine 
Ausstoßung aus dem Orden, Verhaftung und Zusendung. Allein 
es war ganz im Sinne der Nation und selbst des Kaisers, der 
wohl daran denken mochte, sich bei Gelegenheit des Mönches 
zu bedienen, daß Friedrich auf Vorbitten der Universität für 
Luther die Erlaubniß erwirkte, sich auf deutschem Boden zu ver- 
theidigen, nur erfolgte vor dem Kardinal Thomas Vio von 
Gasta (Caletanus) zu Augsburg October 1518 statt einer 
Prüfung bloß ein Verhör und dieses hatte bekanntlich keine an- 
dere Folge, als daß Luther nicht nur nicht widerrief, sondern 
auch vom ülibel unterrichteten an den besser zu unterrichtenden 
Papst appellirte. Schade daß Maximilian, alt und in dy- 
nastischen Hausinteressen befangen, taub blieb gegen den nach 
Befreiung von Rom verlangenden Ruf der Nation: der ver- 
säumte Augenblick kehrte nicht wieder. Vor der Hand bewog die 
allgemeine politische Lage, namentlich die bevorstehende Königs- 
wahl den Papst, Luthers Beschützer, den Kurfürsten, mit mög- 
lichster Nücksicht zu behandeln. Des Legaten Forderung, der 
Kurfürst solle Luther aus seinem Lande entfernen, hatte bei 
diesem selbst, wie bei der Universität, deren Mitglied Luther 
war, den übelsten Eindruck gemacht; diesen zu verwischen und 
Friedrich zur Nachgiebigkeit zu stimmen, entsendete jetzt der Papst 
seinen Kämmerer Karl von Miltitz, einen meißnischen Edel- 
mann, um dem Kurfürsten die goldene Nose, die derselbe schon 
längst zu besitzen gewünscht hatte, zu überbringen und dabei 
Luthern zum Widerruf oder nach Gelegenheit zur Haft bringen 
zu lassen; doch war er angewiesen, die Rose nicht ohne aus- 
drückliche Erlaubniß des Legaten zu übergeben. Allein das Ver- 
fahren, die Gunstbezeugung zu zeigen und doch vorzuenthalten, 
bis der Papst erreicht habe, was er wollte, war doch zu plump 
um auf den Kurfürsten Eindruck zu machen, und das. Einzige, 
1) Leo X. soll über Luther sich sehr günstig geäußert haben: „che 
Fra Martino Luthero haveva un bellissimo ingegno e che coteste erano 
invidio Fratesche“. Tenzel, Aus Colomesias, in Keils Leben Luthers 
.(Leipzig 1764, 4%, S. 37.
	        
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