Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

460 Kurfürst Friedrich der Weise als Luthers Schlltzer. 
Längst. waren Aller Augen auf Friedrich den Weisen ge- 
richtet, dem die päpstlichen Legaten Aleander und Carracioli 
ein päpstliches Schreiben und eine Abschrift der Bulie zu Köln 
mit dem Verlangen überreicht hatten, Luthers Schriften ver- 
breunen und diesen entweder selbst bestrafen oder zu diesem 
Zwecke nach Rom bringen zu lassen. Allein Friedrich erklärte, 
Luthers Sache müsse erst durch billige, fromme und gelehrte 
Richter untersucht und seine Lehre aus der Schrift widerlegt 
werden, ehe ihm zugemuthet werden könne, in die Verbrenmung 
von Luthers Schriften zu willigen oder gegen diesen etwas 
Thätliches vorzunehmen. Unverrückt daran festhaltend, daß 
das Verfahren gegen Luther dem Rechte nicht entspreche, daß 
er als dessen Landesherr ihn bis zur Fällung eines Urtheils 
gegen Gewalt zu schützen so befugt wie verpflichtet sei, ver- 
wahrte er sich ernstlich gegen den Papst, als ob er je willens 
gewesen Luthers Partei zu nehmen; vielmehr habe er immer 
diesem selbst überlassen sich zu vertheidigen, er selnerseits erlaube 
sich nicht, über diese Sache ein Urtheil zu fällen; Anwendung 
von Gewaltmaßregeln aber in einer Zeit, wo in Deutschland 
Künste und Wissenschaften blühten und auch die Laien anfingen 
klug zu werden, würde nur heftiges Argerniß erwecken. Dem 
entsprechend lehnte er auch Herzog Georgs Verlangen ab, gegen 
Luthers Schriften einzuschreiten. Den Kaiser glaubte er sich 
viel zu sehr verpflichtet, als daß er ihn in Luthern kränken 
werde. Hierzu Erasmus' Urtheil 5. December 1520 zu Köln 
bei einer mündlichen Unterredung: Luther habe zwei Verbrechen 
begangen, nämlich dem Papste an die Krone und den Mönchen 
an die Bäuche zu greifen. Nur zu hitzig und heftig wäre 
Luther im Streite, denn die Sache des Evangeliums müsse 
auch im Geiste desselben getrieben werden. Man müsse den 
ganzen Handel durch kluge, angesehene und unverdächtige Männer 
beizulegen suchen 1). Das war auch Friedrichs eifrigster Wunsch, 
der denn freilich mit dem des Papstes nicht in Einklang zu 
bringen war. 
1) Ad. Müller, Leben des Erasmus v. Rotterdam (Hamburg bei 
Perthes, 1828, 8%, S. 293.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.