Das Relchsregiment. 471
Karl V. so wenig wie seine Vorgänger begriff den nationalen
Charakter der großen Bewegung; seine Interessen so gut wie
seine Neigungen machten ihn zu einem Gegner der Reformation.
Daß Friedrich, Luthers Beschützer, zugleich der Hauptvertreter
des ständischen Princippx war, welches in dem gemäß den
wormser Beschlüssen seit dem Herbst 1521 wiedereröffneten
Reichsregimente seinen Ausdruck fand, mußte seine durchaus
deöpolische Natur in dieser Abkehr von den reformatorischen
Idcen nur noch mehr bestärken: der Abfall von der römischen
Kirche erschien ihm zugleich als Auflehnung gegen die weltliche
Auctorität. Sobald daher das Reichsregiment ganz im Geiste
Friedrichs des Weisen fest und umsichtig seine Thätigkcit wieder
anfnahm, so setzte auch schon die habsburgische Politik ihre
Hebel zu seinem Sturze in Bewegung. In dem gegen seine
ernestinischen Vettern aufgebrachten, auf Luther wegen der in
dessen Trostbriefe, an den vertriebenen Hartmuth von Kronen-
berg gegen ihn enthaltenen Ausfälle erbitterten Herzoge Georg
bot sich ihr ein vorzüglich geeignetes Werkzeug. Damals schon
verlautete, daß der Kaiser die sächsische Kur an sich zu ziehen
und auf Georg überzutragen beabsichtige 1). Aber mehr als
Georgs Anträge auf streuge Maßregeln zur Ausführung des
wormser Edicts wirkten im Regimente die entgegengesetzten
Vorstellungen des kursächsischen Gesandten, des geistvollen und
gewandten Hans v. d. Planitz, der in Luthers Sache zugleich
die seines Fürsten und der Reichsverfassung zu vertheidigen sich
bewußt war; „werde man Luther entfernen“, so warnte er,
„so würden sich Nachahmer erheben, jedoch ohne seinen Geist,
die dann leicht das Christenthum selbst gefährden könnten“.
Die Majorität im Regimente war der Reformation geneigt;
ihrer Mäßigung war es vorzugsweise zu danken, daß die Um-
sturzideen der Schwarmgeister keinen weiteren Boden fanden.
Zwar drang Adrian VI. auf dem nürnberger Reichstage (De-
1) Den 4. November 1523 antwortet Herzog Johann seinem Bruder
auf eine darauf bezllgliche Mittheilung: „das man E. L. wyll von der
kur entsetzen, byn ich warlichen sere erschrocken und were warlichen eyn
schwynder und eyn erschrecklicher handel“. Weimar. Archiv bei Droysen
a. a. O. II, 2. S. 152.