Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

502 Reichstagsabschied von 1530. 
Memmingen, welche Zwinglis Auslegung der Abendmahlsworte 
folgten, eine eigene confessio tetrapolitana überreichen und 
dadurch Kaiser und Reich in iden innern Zwiespalt sehen ließ, 
Philipp von Hessen unzufrieden machte und sich selbst der wich- 
tigen Hilfe der Schweizar damit begab. Davon trug der kurz 
zuvor so milde Melanchthon einen großen Theil der Schuld. 
Vergleichsversuche zwischen beiden Hauptparteien konnten zu 
keinem Resultate führen, da 'schon die Confession die äußerste 
Grenze ider Nachgiebigkeit seitens der Protestanten bezeichnete. 
Dor Reichstagsabschied'vom 22. September gab den evan- 
gelischen Ständen bis zum 15. April des nächsten Jahres 
Bedenkzeit, sich über die noch unverglichenen Artikel mit 
den Altgläubigen wioder zu vereinigen. Bis dahin sollten sie 
alle Neuerungen unterlassen, keine Schriften in Glaubenssachen 
verbroiten, keine fremden Unterthauen zum Ubertritt verleiten 
oder im Lande schützen, den eigenen katholischen Unterthauen 
freie Ansübung des Gottesvienstes verstatten, die vertriebenen 
Klostergeistlichen wieder einsetzen und sich mit Kaiser und Reich 
zur Unterdrückung idor Sacramentirer (Zwinglianer) und der 
Wiedertäufer wereinigen. Spätestens in Jahresfrist solle ein 
allgemein Koncil gehalten werden. Mit Recht erklärten die 
Protestanten diesen harten Bescheid micht annehmen zu können, 
weil sie noch nicht widerlegt wären, und schieden wie Männer, 
die, wenn auch nicht gesiegt, doch ihren Bodon mannhaft ver- 
tbeidigt hatten. Am folgenden Tage brach der Kurfürst auf. 
Der Kaiser hatte ihm ibeim Abschied noch halblaut zugerufen: 
„Ohem, Ohem, das hätte ich mich zu Ew. Liebe nit versehen!“ 
Wortlos stand der Kurfürst, Thrinen in den Augen. Der 
eigentliche Reichsabschied vom 19. November fiel unn, wie man 
erwarten konnte, mit aller Schärfe gegen die Protestauten aus, 
und das Reichskammergericht erhielt Waisung, in Sachen der 
eingezogenen Kirchengüter gegen die Ungehorsamen zu verfahren. 
Dagegen ließ Kurfürst Johann durch seinen Sohn Johann 
Friedrich zu Köln am 29. December 1530 gegen die noch dazu 
unter Verletzung der gesetzlichen Formen beabsichtigte römische 
Königswahl Ferdinands, durch welche Karl sowohl das unnütze 
eßlinger Reichsregiment ersetzon als auch der Eventuglität eines
	        
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