Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Streit über das Bisthum Naumburg. 519 
nicht persönlich zum Reichstage erschienen war, wie an den 
Ränken des Papstes und Frankreichs, die von einer Ausgleichung 
des Religionszwistes eine allzugroße Verstärkung der kaiserlichen 
Macht befürchteten. So stellte also der Kaiser die Protestanten 
dadurch zufrieden, daß er ihnen neben dem Reichstagsabschied, 
der den nürnberger Frieden anerkannte, noch eine besondere 
Declaration gab, welche die unverglichenen Punkte bis auf das 
nächsteus zu haltende Koncil in einem ihnen günstigen Sinne 
erledigte, die Katholischen, indem er den heiligen Bund er- 
neuerte (29. Juli). Dafür gelang es ihm aber, den Landgrafen 
Philipp, dessen Freundschaft mit dem sittenstrengen Kurfürsten 
von Sachsen sich eben damals in Folge seiner anstößigen 
Doppelehe sehr gelockert hatte, durch einen besonderen Vertrag 
(13. Juni) an sich zu fesseln, in welchem derselbe versprach, 
sich in kein Bündniß mit auswärtigen Mächten gegen Karl 
oder dessen Bruder einzulassen, solange der regensburger Ab- 
schied von ihnen gehalten würde, auch zu verhindern, daß sein 
Schwiegersohn Moritz dies thue. Auch die Wahl eines Ober- 
feldherrn gegen die Türken stieß auf Schwierigkeiten, da Johann 
Friedrich gegen die Wahl eines bayerischen Herzogs oder Hein- 
richs von Braunschweig protestirte und die eincs protestantischen 
Fürsten verlangte; schließlich willigte er in die des Kurfürsten 
Joachim von Brandenburg, der sich freilich für diese Stelle 
sehr wenig fähig bewies. 
In solche Stimmungen fiel eine Angelegenheit, die aller- 
dings ganz geeignet war, die Gemüther auf das lebhafteste zu 
erregen und den ernstesten Erwägungen Raum zu verschaffen. 
Der Kurfürst hatte von den sächsischen Bisthümern Naumburg 
nur unter seinem Erbschutz gehabt, nie aber vollkommene landes- 
herrliche Gerechtsame daselbst geübt. Seit 1520 stand dies 
Stift unter dem Pfalzgrafen Philipp, der zugleich Bischof von 
Freisingen war, wo er auch meistens residirte, ein Umstand, 
der der Ausdehnung des kurfürstlichen Einflusses auf das Stift 
sehr zu Statten kam. Bürger und Magistrat von Naumburg 
hatten dringend die Reformation annehmen zu dürfen begehrt, 
das Kapitel sie verweigert. Schon 1531 stand der öffentliche 
Gottesdienst deshalb völlig still, und 1536 ließ sich die Stadt
	        
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