Die wittenberger Kapitulation. 549
es ihm viel vortheilhafter war den Kurfürsten als Gefangenen
zu haben als ihn zu tödten, und selbst Moritz konnte dieses
Außerste nicht wünschen, wenn noch ein Tropfen wettinisch Blut
in ihm floß. Johann Friedrich, der mit großem Muthe das
Urtheil 1) anhörte und schon davon allein den Beinamen des
Großmüthigen sich verdient hätte, ging am 19. Mai die für
Sachsens Geschichte so folgenreiche wittenberger Kapitu-
lation ein: Johann Friedrich (schon nicht mehr Kurfürst,
sondern der Altere von Sachsen genannt) verzichtet für sich
und seine Nachkommen auf alle Ansprüche an das Kurfürsten-
haus ?); übergiebt Wittenberg und Gotha; setzt Markgraf
Albrecht von Brandenburg ohne Lösegeld in Freiheit; verbleibt
als Gefangener nach Belieben des Kaisers entweder an dessen
Hofe oder an dem Philipps von Spanien; verzichtet auf alle
Rechte aun Magdeburg, Halberstadt und Halle; erkennt das
Reichskammergericht an; thut den Feinden des Kaisers und
römischen Königs keinen Vorschub und verspricht anzunehmen,
was der Kaiser auf künftigen Reichstagen mit den Ständen
verordnen wird. Die „confiscirten“ Güter Johann Friedrichs
werden vom Kaiser au König Nerdinand und Herzog Moritz
vergabt, von Moritz aber den Kindern Johann Friedrichs
50000 Gulden (zu 21 Gr.) jährlichen Einkommens und zur
Aufbringung dieser Summe die Amter beziehentlich Städte
oder Schlösser Gerstungen, Eisenach, Wartburg, Kreuzburg,
Eisenach, Tenneberg, Waltershausen, Leuchtenberg, Roda, Orla-
münde, Gotha (jedoch nach Zerstörung der Festungswerke),
Jena, Capellendorf, Roßla, Weimar, Wachsenburg, Doruburg,
Camburg, Buttslädt, Buttelstädt, Arushaugk, Weida und Zie-
genrück, die Herrschaft Saalfeld und eine Anzahl Klöster über-
geben. Die Abtragung der ältern Schulden übernimmt Moritz.
Johann Eunst, des gewesenen Kurfürsten Bruder, behält zwar
1) Wie erzählt wird, spielte er eben mit Ernst von Grubenhagen
Schach und sagte nach Anhörung des Urtheils: „pergamus!“ Müller,
Sächs. Annalen, S. 106.
2) Adam Fr. Glasey (Kern der Geschichte des Hauses Sachsen
[Nüruberg 1753, 4° III, 832 — 841) hat diesen Vertrag, der sehr oft
gedruckt ist.