Herzog Heinrich der Fromme. 575
aufgegeben, ein Georg von Carlowitz, Bünau, Pistoric, Commer-
stadt, Wolfgang von Schönberg, Georgs gleichgesinnte Räthe,
ihres Einflusses beraubt werden, und gerade diese Männer waren
es, die sich nachher des Zutrauens des jungen Herzogs Moritz
bemächtigten und auf dessen ganz eigenthümliche Schritte man-
chen Einfluß hatten.
Die meisten Schwierigkeiten setzte die Unirrrsität (August
1539) der Reformation entgegen. Hier galt es auch einem
gelehrten Kampfe zwischen theologischen Systemen, dem neuen
humanistisch-exegetischen gegen das scholastisch-philosophische.
Man hielt lange Disputationen im großen Collegium, und ge-
wöhnlich schrieb sich jede Partei den Sieg zu. Was indeß
besser als alles Disputiren half, war die Entfernung einiger
altgläubigen Eiferer wie Cochläus (oder Wendelstein), Wicelius,
und die Berufung von Männern wie Börner, der Schotte
Alesius und Camerarius. So fügte sich endlich auch die Uni-
versität und beschloß, „mit einhelliger Beliebung der 4 Na-
tionen, daß sie der reinen christlichen Lehre und dergleichen
heiligen Büchern keineswegs sich widersetzen, sondern lehren
und diöputiren wolle, nachdem es das reine Wort Gottes er-
fordere“.
In Dreöden wurden seit dem 3. Juni die katholischen
Kirchengebräuche und Ceremonien entfernt. Wo zu Ostern
noch katholische Priester den Gottesdienst versahen, sah man zu
Pfingsten schon protestauntische Geistliche. Den freisinnigen Pre-
digten Pauls von Lindenau von Chemnitz wich der schwarze
Herrgott der Kreuzlirche, das wächserne Marienbild der Frauen-
lirche und der Zulauf zur Fußsohle der Maria in der Drei-
königslirche. Die Frohnleichnamsprocession unterblieb am 4. Juni,
und der Bennodienst zu Meißen wurde abgeschafft, das neue,
prächtige Grab des kurz vorher kanonisirten Bischofs abge-
tragen. ) Im Juli begann die große, allgemeine Kirchenvisi-
1) über die Schicksale der Gebeinc des Heiligen s. v. Weber, Aus
vier Jahrhunderten (N. Folge, 1861) 1, 6. Schon vorher nach Stolpen
geflüchtet, kamen sie 1576 auf Bitten Herzog Albrechts von Bayern nach
München, wo Venno als Patron des Landes wider Hungersnoth und Pesti-
lenz verehrt wurde. ·