Das augsburger Juterim. 593
keit von sich. „Er habe bisher Alles hintangesetzt, um das
alleinseligmachende Wort Gottes lanter und rein zu erhalten;
obwohl er bereits Alles verloren und ein armer Gefangener
geworden, solle ihn doch Gott davor behüten, daß er nun zuletzt
noch davon abweichen, die erkannte Wahrheit verlengnen und
das Papstthum wieder annehmen sollte. Möge der Kaiser mit
ihm schaffen, was ihm beliebe; nimmer werde er in das Interim
willigen.“ Nicht die drückendste Verschärfung seiner Haft, die
Beschränkung seines Tisches, die Absonderung von seinen Ge-
treuen, die Entziehung aller Bücher, selbst der theuern Bibel,
nicht die Furcht, daß man ihn nach Spanien schleppen werde,
-um sein Beispiel in Deutschland umwirksam zu machen, konnte
dem glaubensfreudigen Muthe des Kurfürsten. dic geringste Nach-
giebigkeit entreißen. An der unerschütterlichen Festigkeit des
Dulders richtete sich die Hoffnung, der Muth der zu Boden
geschlagenen Protestanten von neuem auf. Damit war aber
auch vor der Hand jede Aussicht auf Befreiung des Kurfürsten
geschwunden; kalt wies in Köln der Kaiser die fußfällige Für-
bitte der Herzogin von Jilich zurück 1).
Um so weniger war der Kaiser auf Widerstand von Sciten
des Kurfürsten Moritz gefaßt. IJu der That war Moritz viel
zu sehr vom Kaiser abhängis, um sich ihm in einer Sache,
in welcher für denselben die wichtigsten Interessen auf,dem
Spiele standen, geradezu zu widersetzen. Belastet mit--dem
Argwohn seiner Glanbensgenossen, schien er nur an dem Kaiser
die Stütze sinden zu können, die er für seine unsichere Stellung
bedurfte. War er doch, was er war, ohne, ja wider alles
Reichsrecht, lediglich durch kaiserliche Guade, die wohl, was sie
verschenkt hatte, ebenso leicht wieder entziehen konnte. Und
doch, selbst wenn ihm Überzeugung und Gewissen die Annahme
des Interims gestatteten, wie hätte er sich durch einen solchen
Schritt für immer von der protestantischen Partei treunen und
dem bitteren Hasse der eigenen Unterthauen preisgeben können,
denen er eben erst während des Krieges die Beschützung ihrer
1) Burkhardt, Die Gefangenschaft Johann Friedrichs des Groß-
müthigen (1863).
Böttiger, Geschichte Sachsens, 2. Aufl. 1. 38