Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

594 Kurfürst Morit. 
Religion auf das unzweideutigste und unter Zustimmung des 
Kaisers angelobt hatte! Er suchte einen Mittelweg. Da dies 
eine Angelegenheit sei, welche das Heil der Seele, das Gewissen, 
den guten Namen und die Unterthanen betreffe, behielt er sich 
vor „erst mit seiner Landschaft darüber zu berathschlagen“. 
Dabei blieb er auch, obgleich der Kaiser ihm die Berechtigung 
dazu bestritt, da es nicht Herkommen sei, von einem Beschlusse 
des Reichs an die Landstäude zurückzugehen, und drohte selbst, 
wenn -man weiter in ihn dringe, den Reichstag zu verlassen. 
Endlich bernhigte sich der Kaiser bei seiner Erklärung, daß er 
für seine Person nichts gegen das Juterim habe und auch seine 
Unterthauen zur Annahme desselben zu bewegen hoffe. 
Wenm'ies aber des Kurfürsten aufrichtiger Wunsch war, 
des Kaisers Verlangen in Dingen, die ihm gleichgiltig schienen, 
und soweit es ohne Beleidigung der Gewissen seiner Unter- 
thanen geschehen könne, zu erfüllen, so sollte er alsbald inne 
werden, wie schwierlg das sei. Seine Slände erinnerten ihn 
an sein Versprechen, sie bei der wahren Lehre schützen und 
handhaben zu wollen; thäte es dies nicht, so würden sie ihm 
allen Dienst und Pflicht aufkündigen und ihn nicht mehr als 
Landesfürsten anerkennen; ehe man das Interim annehme, 
wollten sie lieber Leib und Gut aufs Spiel setzen. Auf der 
andern Seite hätte der durch den Widerspruch gereizte Kaiser 
ihnram liebsten zu gewaltsamem Verfahren gedrängtz verlangte 
er doch sogar in, seinem Unmuthe, Moritz solle Melanchthon, 
der sich zwar anfangs aus Liebe zum Frieden sehr günstig über 
das Interim ausgesprochen, nach näherer Prüfung jedoch ein 
Gutachten gegen, dasselbe veröffentlicht hatte; des Landes ver- 
weisen. Zum zweiten Male sah sich Moritz in den Wider- 
streit zweier Principien gestellt, denen beiden er gleich nahe 
verwandt war und zwischen denen doch keine Vermittlung auf- 
zufinden schien. Aber gerade, wenn er es mit dem Protestan- 
tismus gut meinte, mußte er die Gefahr einer gewaltsamen 
Einführung des Interims, wie sie bereits das obere Deutsch- 
land erlitt und die leicht zu völliger Unterdrückung der cvan- 
gelischen Lehre führen mochte, von seinem Laude fern halten. 
Um also den Kaiser wenigstens so weit als möglich zu befrie-
	        
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