Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

606 Moritz' Bündniß mit Frankreich. 
im tiefsten Geheimniß nach Deutschland, worauf Moritz seine 
Verbündeten, Anfang October 1551, zu einer Berathung auf 
sein Jagdschloß Lochau einlud, und hier drang er, gewitzigt durch 
die Erfahrungen des. schmalkaldischen Krieges, gegen den Mark- 
grafen Hans, der mit eigensinniger Hartnäckigkeit au seinem 
ursprünglichen Gedanken einer bloßen Defensivallianz festhielt, 
auf schnelle und entscheidende Maßregeln, da nur durch Über- 
raschung und Energie die Besiegung des überlegenen Feindes 
gelingen könne; vor allem müsse dem Kaiser durch einen kühnen 
Schlag „die Reputation im Reiche abgezogen werden“; es 
wurde beschlossen, im nächsten Frühjahr anzugreifen. Zu Fried- 
walde in Hessen wurde hierauf am 5. October das Schutz- 
und Trutz-Bündniß mit Frankreich abgeschlossen,durch welches 
der König die Erwerbungen, welche Moritz im letzten Kriege 
gemacht hatte, anerkannte und auf die Dauer des Krieges 
monatlich 60000 Thaler, zu dessen Vorbereitung 240000 Thaler 
zu zahlen versprach, wogegen er die zum Reiche geh##rigen Stüdte, 
in denen nicht deutsch gesprochen werde, Cambrai, Metz, Toul 
und Verdun besetzen und mit Vorbehalt der Reichörechte als 
Vicar des römischen Reichs behalten dürfen solle. Auch Joham 
Friedrichs Freilassung solle bewirkt werden, falls seine Söhne 
dem Bunde beiträten 110. Am 15. Janar 1552 empfingen 
Markgraf Albrecht und Sebastian Schärtlin zu Chambord.die 
Bestätigung des Vertrags durch den König. 
Schweren Vorwurf hat wegen dieser Preisgabe deutschen 
Landes an den Erbfeind unserer. Nation die Nachwelt gegen 
Moritz erhoben und welcher Deutsche sollte sie nicht heute noch 
bitter beklagen? Aber in weniger ungünstigem Lichte mochte 
sie den Zeitgenossen erscheinen. Waren nicht schon viel größerc 
Gebiete, die Niederlande, die Schweiz dem Neiche entfremdet 
worden, hatte nicht der Kaiser selbst Utrecht und Lüttich von 
demselben losgerissen, während jene Städte doch im Reichs- 
verbande verbleiben sollten? Was aber die Hauptsache war: 
Keinem der Verschworenen kam es in den Sim, daß die Macht, 
gegen die sie sich verschworen, eine deutsche, ihr Träger das 
1) Recucil de truités de puiz etc. (Amsterdam und Haag) II, 258 
bis 201. Aus ihm bei Dn Mont IV, 3. p. 31.
	        
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