120 Sechstes Kapitel. Einzelne Verwaltungszweige.
z. B. Errichtung neuer Staatsgebäude, deren die
Leistungsfähigkeit eines Jahres übersteigende Kosten
sie auf eine Reihe von Jahren verteilen sollen, — so-
seenannte Finanzschulden —, ist ihre wirtschaftliche
Bedeutung verschieden. Die Finanzschulden müssen
aus den Einkünften des laufenden Haushalts allmählich
abgetragen werden, während die Anlageschuld ihren
Gegenwert in dem Wert der Anlage hat und keine
Belastung des Haushalts bildet. Aus der Höhe der
Schulden eines Staates ist daher nicht ohne weiteres
ein Schluß auf seine ungünstige Finanzlage zulässig;
vielmehr sind den Anlageschulden die Werte der ge-
schaffenen Anlagen gegenüberzustellen.
In Bremen entwickelte sich das Staatsschulden-
wesen im Anfang des 19. Jahrhunderts, als die Kriegs-
zeiten große Ausgaben zur Folge hatten. Anfangs als
eine vorübergehende Erscheinung angesehen — die
Gläubiger haben ein Kündigungsrecht, eine Tilgung
wird bei jeder Anleihe festgesetzt —, wurde die Staats-
schuld bei den großen kulturellen und wirtschaftlichen
Anforderungen der neuen Zeit allmählich eine dauernde
Einrichtung. Die großen staatlichen Verkehrsunter-
nehmungen — Weserkorrektion, Hafenbauten — haben
in den letzten Jahrzehnten zu mächtisem Anwachsen
der Anlageschulden geführt. Ende 1907 betrug die
Staatsschuld 235,57 Mill. Mk., die eine jährliche Ver-
zinsung von 7,8 Mill. Mk. erfordert. Zu beachten ist,
daß auch hier die staatlichen und stadtbremischen
Finanzen nicht getrennt sind.
Zur Aufnahme einer Staatsanleihe wie zur Be-
nutzung des Staatskredites überhaupt ist ein Beschluß
von Senat und Bürgerschaft erforderlich. Die Finanz-
deputation führt den Beschluß aus; sie hat die Auf-
sicht über das Staatsschuldenwesen und berichtet
jährlich darüber. Die Staatsanleihen haben die
Form von Rentenschulden: der Staat gewährt eine feste