Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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Der Kaiser hat das Recht der Ausfertigung (RV. Art. 17). 
Diese besteht in der unterschriftlichen Vollziehung der von Bundes- 
rat und Reichstag angenommenen Vorlage unter ministerieller 
Gegenzeichnung. Es wird dabei anerkannt, daß der Kaiser das 
Recht und die Pflicht hat, die Ausfertigung zu verweigern, wenn 
das Gesetz nicht verfassungsmäßig zustande gekommen ist. Im 
übrigen soll der Kaiser verpflichtet sein, auszufertigen, da mit dem 
letzten Beschlusse des Bundesrates das Gesetz bereits sanktioniert 
sei. Freilich gibt es kein Mittel, den Kaiser zur Erfüllung dieser 
vermeintlichen Pflicht zu zwingen. Ein sog. Vetorecht gegenüber 
den von Bundesrat und Reichstag verfassungsmäßig angenom- 
menen Vorlagen wird dem Kaiser ausdrücklich abgesprochen, wie 
denn neben einem allgemeinen Vetorechte des Kaisers ein solches 
des Königs von Preußen im Bundesrate für einzelne Fälle über- 
flüssig sein würde. 
Wäre diese herrschende Ansicht richtig, so müßte sie auch in 
der Verkündigungsformel ihren Ausdruck finden. Diese hätte 
zu lauten: „Wir usw. verkünden im Namen des Reiches, daß der 
Bundesrat mit Zustimmung des Reichstags verordnet, was folgt.“ 
Von Anfang an lautet sie aber anders, nämlich dahin: „Wir usw. 
verordnen im Namen des Reichs nach erfolgter Zustimmung des 
Bundesrats und des Reichstags, was folgt.“ In dieser, von den 
gesetzgebenden Faktoren nie angefochtenen Formel prägt sich aus, 
wie der Gesetzgeber selbst sich den Gang der Gesetzgebung denkt. 
Der Kaiser ist im Namen des Reiches Inhaber des Gesetzgebungs- 
rechts und, indem er verordnet, erteilt er die Sanktion. Bundes- 
rat und Reichstag verhalten sich wie erste und zweite Kammer 
einer Volksvertretung als unselbständig zustimmende Faktoren. In 
der Konsequenz dieser Auffassung liegt, daß der Kaiser ein Veto- 
recht allgemein haben muß, wenn er es auch bisher nicht geltend 
gemacht hat (Fall eines antezipierten Veto durch Bismarck 1882 
bei der Vorlage über die Quittungssteuer). Das daneben für einzelne 
Fälle bestehende Veto des Königs von Preußen führt seinen Ursprung 
auf den ersten Entwurf der norddeutschen Bundesverfassung zurück, 
nach dem es noch gar kein Präsidium als besonderes verfassungs- 
mäßiges Organ, geschweige denn ein Kaisertum gab. Die für not-
	        
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