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von ihm abhängigen Verwaltungsbehörden. Der Präsident hat
daher trotz der zeitlichen Beschränkung eine unendlich viel größere
Gewalt als der parlamentarische König.
Die parlamentarische Präsidentschaft knüpft dagegen an die
lberlieferungen des parlamentarischen Königtums an. Der Präsi-
dent muß daher seine Exekutive ausüben durch ein parlamentarisches
Ministerium je nach der Mehrheit der zweiten Kammer. Den
Präsidenten unmittelbar vom Volke wählen zu lassen, wäre bei
den cäsaristischen Uberlieferungen bedenklich. Schon die Wahl durch
die Nationalversammlung muß ihm den Stempel der Abhängigkeit
von der Volksvertretung aufdrücken, den er während seiner ganzen
Amtsperiode behält. Infolge der zeitlichen Beschränkung fehlt dem
Präsidenten auch der soziale Einfluß des parlamentarischen Mo-
narchen. Rein dekorativ, ist die parlamentarische Präsidentschaft die
schwächste Ausprägung des selbständigen Staatsgedankens.
3. Demokratische Tyrannis.
Die demokratische Tyrannis ist weder dem Altertume noch
dem Mittelalter fremd. Sie zeigt sich in den hellenischen Stadt-
staaten beim Übergange von der Aristokratie zur Demokratie, im
römischen Kaisertume, in den Tyrannengeschlechtern der italienischen
Renaissance und im Protektorate Cromwells. Doch die reinste
Ausprägung für die Neuzeit bildet das erste und zweite fran-
zösische Kaiserreich.
Nach starken revolutionären Bewegungen ersehnt die Gesellschaft
Ruhe um jeden Preis, besonders Sicherheit der Person und des
Eigentums. Das ist die geeignete Stätte für den Retter der Gesell-
schaft, der sich zunächst tatsächlich in den Besitz der Gewalt setzt.
Ihre Legitimation empfängt die Tyrannis, indem das souve-
räne Volk durch Plebiszit den Gewalthaber erwählt und die von
ihm vorgeschlagene Verfassung annimmt.
Der Gewalthaber hat nicht eigenes Recht wie der legitime
Monarch. Er leitet sein Recht vom Volke her. Doch das Volk hat
ihm alle Gewalt übertragen und sich in ihm verkörpert. Er hat
daher eine größere Gewalt als ein legitimer absoluter Monarch. Zum
Scheine ist er mit konstitutionellen Einrichtungen umgeben. Aber
der Erwählte kann sich jeden Augenblick über die Volksvertretung hin-