Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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schaft bereits über ihre eigene Lebenssphäre hinaus in die des 
Staates, da alles Recht unter dem staatlichen Rechtszwange steht. 
8 56. Wechlselwirkungen 2zwilchen Staat und Geslelllchaft. 
Wie die Gesellschaft schon durch die Ausbildung des Gewohn- 
heitsrechts im allgemeinen den Rechtszwang des Staates in den 
Dienst ihrer Interessen stellt, so wird sie überhaupt bemüht sein, 
Einfluß auf Staat und Recht zu gewinnen. Dieses Bestreben 
liegt aber wiederum nicht der Gesellschaft als einem einheitlichen 
Organismus, sondern ihren verschiedenen Klassen zugrunde. Der 
Kampf innerhalb der Gesellschaft wird damit gleichzeitig ein solcher 
um den Einfluß auf Staat und Recht. 
Die erste Stufe ist das Klassenrecht, die Ausbildung von 
Rechtseinrichtungen, die besonders dem Interesse einer Klasse 
dienen. Bei einer schwachen Staatsgewalt gelingt den mächtigen 
und herrschenden Klassen noch ein zweites, die Ausbildung eines 
Ständerechts. Die oberen Klassen schließen sich voneinander 
gegen die aufstrebende soziale Bewegung von unten rechtlich ab, 
so daß der Übertritt von einer Berufsart zu der anderen nicht 
nur tatsächlich erschwert, sondern auch rechtlich unterbunden wird. 
Damit hört die grundsätzliche Rechtsgleichheit aller Volksgenossen 
auf, die bloß tatsächlich bestehende Klasse wird zum Stande. 
L. Stein fügt dazu noch eine dritte Stufe, die Kaste, die nicht 
wie den Stand kraft menschlichen, sondern kraft göttlichen Rechts 
gebildet ist und daher niemals von Menschen durchbrochen werden 
kann. Allein die Kaste ist nicht eine höhere Entwicklungsstufe, 
sondern eine Parallelbildung zum Stande, die überall da vorkommt, 
wo Recht und Religion verschmolzen sind. 
Das Mittelalter hatte einen Ansatz zur Kastenbildung in 
der Geistlichkeit, wobei aber die sozialen Gefahren der Kaste durch 
das Cölibat und die mangelnde Erblichkeit aufgehoben wurden. 
Im übrigen ist die soziale Organisation des späteren Mittelalters 
ständisch nach hohem und niederem Adel, Bürger= und Bauern- 
stand. An diesen ständischen Grundlagen hat auch noch die absolute 
Monarchie festgehalten.
	        
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