Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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wahrung ließ die kirchliche Verwaltung als einen Teil der inneren 
Verwaltung überhaupt erscheinen. Man beseitigte daher die prote- 
stantischen Kirchenbehörden und übertrug ihre Verwaltung den 
Regierungen und dem Ministerium des Innern. Dagegen war 
die auf dogmatischer Grundlage beruhende Verfassung der katho- 
lischen Kirche trotz Erklärung ihrer Organe zu Staatsbehörden 
nicht zu beseitigen. So zeigt gerade die folgerichtige Durch- 
führung des Territorialsystems die Unhaltbarkeit seines Ausgangs- 
punktes. 
Nach Wiederherstellung des Staates bedurfte es zur Regelung 
der katholischen Kirchenverfassung einer Verständigung mit der 
Kurie. Damit mußte das Territorialsystem überhaupt aufgegeben 
werden. Das Ergebnis war die auf Grund eines Abkommens 
zwischen Staat und Kirche erlassene päpstliche Bulle De salute 
animarum vom 16. Juli 1821. 
Für die protestantischen Bekenntnisse, die seit 1817 durch die 
Union zu der evangelischen Landeskirche vereinigt waren, schuf 
man wenigstens allmählich wieder einen besonderen Behörden- 
organismus außerhalb der allgemeinen Landesverwaltung. Schon 
1817 wurden unter dem Vorsitze des Oberpräsidenten für die ein- 
zelnen Provinzen Konsistorien begründet zur Ausübung der Kirchen- 
hoheit über die katholische Kirche, der inneren Verwaltung der 
evangelischen und das höhere Schulwesen. Doch 1825 ging die 
Aufsicht über die katholische Kirche auf den Oberpräsidenten über, 
1845 wurde die Schulverwaltung losgelöst, und die Zuständigkeit 
zwischen Konsistorien und Regierungen so geregelt, daß ersteren 
nur die innere kirchliche Verwaltung (jura in sacra), letzteren nur 
Staatsaufsichtsrechte (iura circa sacra) blieben. Bloß im Kultus- 
ministerium blieb der Zusammenhang der kirchlichen mit der all- 
gemeinen Staatsverwaltung erhalten. 
Die Vll. verbürgte dann in Art. 15—19 die volle Freiheit 
und Unabhängigkeit der evangelischen und katholischen Kirche wie 
jeder anderen Religionsgemeinschaft. Während sich aber die 
katholische Kirche mit ihrer eigenen Organisation sofort in den 
Besitz der verfassungsmäßigen Freiheit setzte, bedurfte es für die 
evangelische Kirche der Lösung ihrer Organisation von der des
	        
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