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wo Versuche zur Heranziehung des Grundadels für die Ortspolizei
aus nationalen Gründen gescheitert waren. Nur die Rittergutsbe-
sitzer dürfen auf ihren Gütern die Ortspolizei selbst wahrnehmen.
Ein fünftes System bildet endlich die Verwaltung der Orts-
polizei durch den Vorsteher der Einzelgemeinde (Bürgermeister).
Es besteht in Hessen-Nassau und den Hohenzollernschen Landen.
§ 19. Die Kreise.
Die Kreisverfassung ist zur Zeit des großen Kurfürsten in
den mittleren Landesteilen, Kur= und Neumark, Pommern und
Magdeburg, entstanden. Uralt waren die Kreise als Beritte der
Landreiter, der Exekutivbeamten der Obergerichte, und als Wahl-
bezirke der Ritterschaft für den ständischen Ausschuß. Seit dem
17. Jahrhundert werden die Kreise auch für die Zwecke der neuen
Steuerverwaltung dienstbar gemacht. Die Rittergutsbesitzer bilden
den Kreistag, der die Steuern umlegt und wählen als ihren Ver-
trauensmann einen Kommissar, den dann auch der Landesherr als
sein Organ bestellte. In Magdeburg und Pommern war dies
regelmäßig der Vertreter im ständischen Ausschusse, der Landrat,
der diesen Titel auch nach Beseitigung des Ausschusses als den
höheren beibehielt. Bei der Königskrönung bekamen auf ihren
Wunsch auch die brandenburgischen Kreiskommissare den Landrats-
titel. Die Kreisverfassung wurde dann weiter ausgedehnt unter
Friedrich Wilhelm I. auf das Mindensche Kammerdepartement und
Halberstadt, unter Friedrich dem Großen auf Schlesien, Preußen,
Kleve. Mark und Westpreußen, später auch auf alle weiteren Er-
werbungen, jedoch führte man mit Ausnahme von Schlesien meist
nur die büreaukratische Organisation ohne Kreistage und Selbst-
verwaltung ein.
Nach 1815 wurde das ganze Staatsgebiet mit Ausnahme
der größeren Städte gleichmäßig in Kreise geteilt, deren jeder einen
Landrat haben sollte. Die Kreisbeamten erhielten 1816 eine ein-
heitliche Instruktion. Die neuständische Gesetzgebung der zwanziger