Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

22 Das Verwaltungsrecht. 8 89 
Staates über die ihm unterworfenen Personen. Man könnte fragen, 
wenn das allgemeine Rechtsverhältnis schon so umfassend ist, daß 
es alle Pflichten in sich birgt, wie ist dann noch eine Steigerung 
dahin möglich, daß zu dem allgemeinen Inbegriffe aller denk— 
baren Pflichten noch besondere Pflichten hinzutreten? Tatsächlich 
ist das Recht der Staatsgewalt gegenüber ihren Angehörigen 
bereits das denkbar ausgedehnteste, so daß eine Erweiterung dieser 
Rechte zur Begründung einer besonderen staatlichen Rechtsein- 
richtung nicht möglich erscheint. Der Staat kann einen dauernd 
fortgesetzten Dienst des einzelnen Angehörigen, wie ihn der Be- 
amte leistet, für sich fordern lediglich auf Grund der Staats- 
angehörigkeit. 
Der Staat kann einen solchen Dienst fordern, er tut es 
aber nach dem geltenden Rechte in der Regel nicht. Er ver- 
langt von den seiner Gewalt unterworfenen Personen meist nur 
einzelne, gesetzlich bestimmte Leistungen. Nicht also in dem Rechte 
des Staates, sondern in dessen Ausübung kann eine Steigerung 
der allgemeinen Pflichten der Staatsangehörigen zu den besonderen 
Pflichten der Beamten stattfinden. 
Es ergiebt sich hieraus, daß der Staatsdienst eine allum- 
fassende Verpflichtung der Untertänigkeit unter den Staat ist, 
gleich der Staatsangehörigkeit, daß jedoch der Staat das dieser 
Verpflichtung entsprechende Herrschaftsrecht den gewöhnlichen 
Staatsangehörigen gegenüber nicht mit derselben Stärke ausübt 
als gegenüber den Beamten. Von allen seinen Angehörigen ver- 
langt der Staat einzelne, gesetzlich bestimmte Leistungen, von den 
Beamten einen Inbegriff fortgesetzter, nur der Art nach bestimmter 
Dienste. Auch die Dienste des Beamten sind zwar ihrem Umfange 
nach durch Rechtssätze geregelt, diese bestimmen aber nicht jede 
einzelne Leistung des Beamten, sondern nur deren Art. In diesem 
Sinne kann man sagen, der Staatsdienst sei ein Zustand der Unter- 
würfigkeit unter die Staatsgewalt, der sich von der allgemeinen 
Staatsangehörigkeit dadurch unterscheidet, daß der Staatsangehörige 
als solcher gemessene, der Beamte ungemessene Dienste leistet. 
Neben dieser Dienstverpflichtung ist eine besondere Treue- 
pflicht als Rechtspflicht nicht anzuerkennen und zwar aus den- 
selben Gründen, aus denen sie auch hinsichtlich der einzelnen
	        
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