Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

434 Das Verwaltungsrecht. § 137 
Regierung des großen Kurfürsten auf die Amtskammern und Kom- 
missariate übergeht. Dadurch, daß die Verwaltungsbehörden die 
bisher von den ordentlichen Gerichten gehandhabte Gerichtsbarkeit 
an sich ziehen, soweit diese irgendwie die Verwaltung berührt, ent- 
steht die ältere Verwaltungsgerichtsbarkeit. Zum größten Teile 
umfaßt diese Verwaltungsgerichtsbarkeit Gegenstände, die ihrem 
Wesen nach nicht privat= oder strafrechtlicher, sondern verwaltungs- 
rechtlicher Natur sind, wie namentlich die Fiskalsachen und die 
Polizeiübertretungen. Andererseits ziehen die Verwaltungsbehörden 
aber auch Gegenstände vor sich, die rein privat= oder strafrechtlich 
sind, bei denen jedoch über staatsrechtliche Inzidentpunkte zu er- 
kennen ist, so die Amtsverbrechen und die zivilrechtlichen Schadens 
ersatzklagen gegen Beamte. Diese ihre Gerichtsbarkeit üben die 
Verwaltungsbehörden meist in den Formen des ordentlichen Zivil- 
oder Strafprozesses. 
Die Rechtsquellen für diese Verwaltungsgerichtsbarkeit bilden 
anfangs für den Einzelfall oder für einzelne Arten erlassene landes 
herrliche Reskripte, vorzugsweise aber die Verwaltungspraxis, die 
sich in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts unter be- 
ständigen Kompetenzkonflikten zwischen Gerichten und Verwaltungs- 
behörden entwickelt. Um diese zu beseitigen, ist einc allgemeine 
Regelung der Zuständigkeiten erforderlich. In Preußen wurde eine 
solche versucht durch die Verordnungen vom 21. Juli 1713 und 
25. April 17158). Sie setzten im einzelnen fest, in welchen Fällen 
die Amtskammern oder Kommissariate, und in welchen die ordent“ 
lichen Gerichte zuständig sein sollen. Jene allgemeinen Ver- 
ordnungen wurden aber später durchbrochen durch Einzelbestim 
mungen, welche nur an die eine oder die andere Behörde gerichtet 
waren. Eine Neuregelung der Ressortverhältnisse stellte sich daher 
schon nach wenigen Jahrzehnten als notwendig heraus. So er' 
ging das Ressortreglement vom 19. Juni 1749°). Es befolgt 
allerdings auch noch die kasuistische Methode, indem es in einer Reih 
von Fällen die Kriegs= und Domänenkammern, in anderen die Ge- 
richte für zuständig erklärte. Ein bemerkenswerter Fortschritt gegeln 
über den Verordnungen von 1713 und 1715 zeigt sich aber darin, 
daß das Ressortreglement an seine Spitze den allgemeinen geseb- 
s) Mylius, C. C. M. II, 1 Nr. 131, 139. 
) Mpylius, C. C. M. Contin. IV.Nr. 66.
	        
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