Full text: Preußisches Staatsrecht. Zweiter Band. (2)

448 Das Verwaltungsrecht. 8 138 
prozeß dient daher gleich dem Verwaltungsprozesse der Vollziehung 
des objektiven Rechts allein, und es ist Zufall, wenn er gleichzeitig 
eine subjektive Berechtigung verwirklicht. Gleichwohl soll der Straf- 
prozeß nicht nur eine Rechtsnorm zur Vollziehung bringen. Das 
Strafrecht enthält eine Sühne für den Bruch der Rechtsordnung, 
die Strafrechtsnormen bestimmen, daß, wenn die Rechtsordnung in 
dieser oder jener Weise verletzt wird, für jeden einzelnen Fall eine 
Strafe eintreten soll. Der Strafprozeß stellt diese Sühnc her durch 
Verhängung der Strafe. Hiervon kann in dem Verwaltungsprozesse 
keine Rede sein. Auch von dem Strasprozesse unterscheidet sich 
der Verwaltungsprozeß dadurch, daß er keinen anderen Inhalt 
hat als die Vollziehung der Rechtsnorm. 
Außer diesen negativen Unterschieden der Verwaltungs- 
gerichtsbarkeit von der Zivil= und Strafrechtspflege gibt es aber 
noch eine wesentliche positive Verschiedenheit. 
Die Verwaltungsgerichte haben Normen eines anderen Rechts- 
gebietes, nämlich des Verwaltungsrechts zur Anwendung zu 
bringen, während die Zivilgerichte auf Grund des Privatrechts, 
die Strafgerichte auf Grund des Strafrechtes erkennen. Den 
Gegenstand des Rechtsstreites bildet daher stets eine verwaltungs- 
rechtliche Streitfrage. Sobald die zugrunde liegende Rechtsfrage 
sachlich als zivil= oder strafrechtliche erscheint, ist an und für sich, 
von besonderen Ausnahmen abgesehen, der Verwaltungsrechts- 
weg nicht gegeben. Das Verwaltungsrecht umfaßt aber wie 
das Staatsrecht überhaupt die Normen, welche das Verhältnis 
des Staates zu seinen Angehörigen regeln. Insbesondere hat das 
Verwaltungsrecht zum Gegenstande die Anwendung von Rechts- 
normen seitens der Behörden vermittels der tatsächlichen An- 
ordnung. 
Erlassen die einzelnen Beamten des Staates vorsätzlich oder 
fahrlässig einen rechtswidrigen Befehl, so handeln sie nicht in 
ihrer Beamteneigenschaft, sondern als Privatleute. Der Rechts- 
schutz gegenüber einer derartigen Handlungsweise fällt daher in 
die Zivil= oder Strafgerichtsbarkeitn). Anders ist es, wenn die 
Behörden als solche eine mit den Rechtsnormen in Widerspruch 
stehende tatsächliche Anordnung erlassen, ohne schuldhafterweise zu 
handeln. Dann bewegen sie sich trotz ihres Rechtsirrtums inner: 
iP) Vgl. 892.
	        
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