Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

119 Reichs= u. Landesstaatsgewalt in der auswärt. Verwaltung. 5 
Abgaben legen kann, als von den Schiffen der Bundesstaaten 
und deren Ladungen zu entrichten sind. 
Endlich soll nach ausdrücklicher Bestimmung des Art. 52 
der Reichsverfassung die Regelung des Post= und Telegraphen- 
verkehrs mit dem Auslande ausschließlich dem Reiche zustehen. 
Eine Ausnahme wird nur gemacht für den unmittelbaren Verkehr 
Bayerns und Württembergs, die ihre eigene Post= und Telegraphen- 
verwaltung behalten haben, mit ihren dem Reiche nicht angehörigen 
Nachbarstaaten, wegen dessen Regelung es bei der Bestimmung des 
Art. 49 des Postvertrages vom 22. November 1867 bewendet. 
Diese Ausnahme kommt jedoch für das preußische Staatsrecht nicht 
weiter in Betracht. 
Auf dem zweiten Gebiete findet ein Wettbewerb zwischen Reich 
und Einzelstaaten statt. Die Zuständigkeit des Reiches ist durch 
die Reichsverfassung, insbesondere durch Art. 4 positiv bestimmt. 
Abgesehen von den Gebieten des Kriegswesens, der indirekten Be- 
steuerung und der Post und der Telegraphie, schließt jedoch die 
Tatsache, daß ein Gegenstand der Reichszuständigkeit überwiesen 
ist, die Gesetzgebungs= und Verwaltungsbefugnisse der Einzelstaaten 
nicht aus, so lange das Reich von der ihm erteilten Befugnis 
noch keinen Gebrauch gemacht hat. Soweit nun die verfassungs- 
mäßige Zuständigkeit des Reiches geht, kann es über die betreffenden 
Gegenstände auch Verträge schließen. Diese Möglichkeit läßt jedoch 
gleichwohl auch Verträge der Einzelstaaten darüber als zulässig 
erscheinen. Allein es kommt dabei der allgemeine Grundsatz zur 
Geltung, daß die Tätigkeit der Einzelstaaten sich nur bewegen 
kann innerhalb der reichsrechtlichen Schranken. Denkbar sind hier 
verschiedene Fälle. 
Es kann ein Gegenstand zwar verfassungsmäßig in das Gebiet 
der Reichszuständigkeit gehören, ohne daß jedoch das Reich von 
ihr bisher Gebrauch gemacht hätte, wie dies z. B. hinsichtlich 
der Erfindungspatente bis zum Erlasse des Reichspatentgesetzes 
zutraf. Hier sind die Einzelstaaten in ihrer freien Bewegung voll- 
ständig ungehindert, sie können über die betreffenden Gegenstände 
nicht nur Gesetze und Verordnungen erlassen, sondern auch völker- 
rechtliche Verträge abschließen. Ihre Stellung ist aber nicht genau 
dieselbe, als wenn sie vollkommen souveräne Staaten wären. Es 
schwebt immer über ihnen als Damoklesschwert die Möglichkeit,
	        
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