Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

122 Das Verwaltungerecht. § 163 
der freiwilligen Gerichtsbarkeit stattfindet. Eine solche Aufzählung 
ist aber ohne jeden wissenschaftlichen Wert. Dazu kommt, daß auch 
tatsächlich sich das Privatrecht der Aufgabe, die Gegenstände dieser 
Art freiwilliger Gerichtsbarkeit zu behandeln, nie entzogen hat. 
Es kann daher hier unter Verweisung auf das Privatrecht vom 
einer weiteren Erörterung abgesehen werden. Die Stiftungs= 
Familienfideikommiß= und Lehnssachen bilden in gewisser Hinsicht 
ein Mittelglied zwischen Gerichtsbarkeit und Justizverwaltung, 
indem sie zwar von den Gerichten in richterlicher Unabhängigkeit 
zu bearbeiten sind, jedoch mit der Einschränkung, daß die Be- 
schwerde gegen die richterlichen Entscheidungen in letzter Instanz 
nicht wieder an ein Gericht, sondern an den Justizminister geht. 
Die zweite Gruppe der Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit 
läßt auch abgesehen von der Zuständigkeitsfrage eine doppelte 
Betrachtung von dem Standpunkte des Privatrechts und von dem 
des Verwaltungsrechts zu. Hierin liegt keine Vermengung von 
Privat= und Staatsrecht, keine Verwischung der Grenze beider, 
wic sie dem Systeme des mittelalterlichen Patrimonialstaates eigen- 
tümlich war. Man kann die Grenze zwischen zwei Gebieten noch 
so scharf und bestimmt ziehen, und doch ist die Möglichkeit nicht 
ausgeschlossen, daß ein Teil beiden mit gleichem Rechte angehört, 
daß sich eine Mitherrschaft herausstellt. Dies ist hier unzweifel- 
haft der Fall. 
Das Grundbuch= und Hypothekenwesen umfaßt das Grund“ 
verkehrsrecht, also einen Teil des Privatrechts, es bildet aber auch 
eine Menge staatlicher Maßregeln im Interesse des öffentlichen 
Grundlredits. Daß das Vormundschaftsrecht dem Privatrechtt 
angehört, ist so lange nicht zu bezweifeln, als man in dem Familien“ 
rechte einen Teil des Privatrechts sieht, da die Vormundschaft im 
wesentlichen einen Ersatz der mangelnden elterlichen Gewalt bildet 
Allein ebenso berechtigt ist der Gesichtspunkt einer staatlichen Für“ 
sorge für hilfsbedürftige Personen, und dieser Gesichtspunkt tritt 
sogar bei einigen Arten der Vormundschaft, wie der für Geistes 
kranke und Abwesende, durchaus in den Vordergrund, ohne da 
man deshalb die einheitliche Rechtseinrichtung der Vermundsche 
zwischen Privat= und Staatsrecht auseinander reißen dürfte. Die 
Hinterlegung als Ersatz der Zahlung kann im Privatrechte nicht
	        
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