Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

176 Das Verwaltungsrecht. l 168 
die Polizei allgemein an bestimmte Rechtsschranken zu binden. 
Die landrechtliche Bestimmung befindet sich überdies in dem Ab- 
schnitte über die Gerichtsbarkeit. Es sollte dadurch nur die niedere 
Polizeigerichtsbarkeit, welche als Regal in den Besitz von Guts- 
herren und Städten gelangen konnte, von der höheren Kriminal- 
gerichtsbarkeit des Staates abgegrenzt werden. Das Landrecht 
selbst wie die spätere Gesetzgebung fassen anderweit die Polizei 
noch in dem älteren Sinne als eines Wirkens der Staatsgewalt 
im Interesse des Gemeinwohls überhaupto). 
Allein nun entstand um die Mitte des 19. Jahrhunderts die 
Idee des Rechtsstaates, das Verlangen nach einer gesetzlich ge- 
bundenen Verwaltung. Insbesondere war das starke Bedürfnis 
vorhanden, diejenige Wirksamkeit des Staates, die wir heute als 
Polizei bezeichnen, in gesetzliche Schranken zu weisen. Da griff 
man nach einem Strohhalm, nach dem § 10 II, 17 ALR., der 
für sein ursprüngliches Geltungsgebiet mit der veränderten Ge- 
richtsverfassung überhaupt gegenstandslos geworden war. Denn so- 
bald die Berechtigung polizeilicher Handlungen einer Nachprüfung 
im Verwaltungsstreitverfahren unterworfen wurde, mußte man nach 
der Rechtsgrundlage für die polizeiliche Betätigung fragen. So 
erhielt der gegenstandslos gewordene § 10 II, 17 ALR. durch die 
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes die neue Bedeutung, 
die er nach dem A##R. selbst nie gehabt hattet). Ja das Ober- 
verwaltungsgericht ist noch weiter gegangen und hat den § 10 II, 
17 ALR. auch in den nicht landrechtlichen Gebietsteilen angewandt 
wieder mit der unzutreffenden Begründung, daß es sich um einen 
wesentlichen Verfassungsgrundsatz handle, der im ganzen Staats- 
gebiete Anspruch auf Geltung haber). Die Geltung des § 10 II, 
5) Rosin, a. a. O. Er sieht in §5 10 II, 17. ALR. nur die Ab- 
grenzung des Amtes der Polizei, nicht des Verwaltungsgebietes. Ich gehe 
noch weiter und will ihm ursprünglich für die Verwaltung überhaupt keine 
Bedeutung beilegen. Rosin zieht aber aus der ursprünglichen Bedeutung 
noch Folgerungen für das heutige Necht, namentlich hinsichtlich des 
Umfanges des Polizeiverordnungsrechtes, während ich annehme, daß der 
betr. Paragraph später eine ganz andere Bedeutung durch Gewohnheitsrecht 
gewonnen hat. 
6) Vgl. namentlich die berühmte Entsch, über das Krenzbergdenkmal 
vom 14. Juni 1882, Bd. 9, S. 363 ff. 
71) Entsch. des OVG. vom 22. September 1908, Pr. VBl. Bd. 30, 
S. 172.
	        
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