188 Das Verwaltungsrecht. 8 169
Zuständigkeit des Reiches begründet. Da das Reich von
dieser seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeit durch Erlaß
des Reichsgesetzes über die Presse vom 7. Mai 187414), welches
nunmehr mit Ausnahme von Elsaß-Lothringen die einzige recht-
liche Grundlage des Preßrechtes bildet, Gebrauch gemacht hat, so
sind damit die früheren Landesgesetze über die Presse, insbesondere
auch die Art. 27 und 28 der Verfassungsurkunde aufgehoben. Nur
soweit das Reichsrecht ausdrücklich auf die Landesgesetze verweist,
oder dem Prehßrechte fremde Vorschriften in den Landespreßgesetzen
enthalten waren, sind letztere in Kraft geblieben.
Das Reichspreßrecht steht auf dem Standpunkte der soge-
nannten Preßfreiheit, d. h. es darf der Presse gegenüber keine
vorbeugende Polizei zur Anwendung kommen derart, daß das
Erscheinen eines Preßerzeugnisses oder dessen Verbreitung von
einer vorherigen polizeilichen Erlaubnis abhängig wäre. Aus-
schreitungen der Presse werden vielmehr erst, wenn sie begangen
sind, und auch dann nur lediglich nach Maßgabe der allgemeinen
Strafrechtsnormen unterdrückt (Unterdrückungssystem). Nur um
bei strasbaren Handlungen, welche durch die Presse verübt sind,
stets eine Person zu haben, welche verantwortlich gemacht werden
kann, gibt das Gesetz eine Reihe polizeilicher Vorschriften, ins-
besondere über die Verantwortlichkeit.
Die Freiheit der Presse unterliegt hiernach nur den durch
das Reichsgesetz vorgeschriebenen oder zugelassenen Beschränkungen.
Das Gesetz trifft alle Erzeugnisse der Buchdruckerpresse und alle
durch mechanische oder chemische Mittel bewirkten und zur Ver-
breitung bestimmten Vervielfältigungen. Die Ausübung des Preß-
gewerbes ist nur den allgemeinen Bestimmungen der Gewerbe-
ordnung unterworfen. Eine Entziehung der Befugnis zum selb-
ständigen Betriebe irgendeines Preßgewerbes oder sonst zur Heraus-
gabe oder zum Betriebe von Druckschriften darf weder im Ver-
waltungs= noch im richterlichen Wege stattfinden. Nur die nicht
gewerbsmäßige öffentliche Verbreitung von Druckschriften kann die
Hannover 1895; Kayser in v. Holtzendorffs Handbuch des deutschen
Strasrechtes, Bd. 4, S. 545 ff.; F. v. Liszt, Das deutsche Reichspreßrecht,
Berlin und Leipzig 1880; Klöppel, Neichspreßrecht, Leipzig 1891;
Ebuer, Das deutsche Zeitungsrecht, Hannover 1909.
141)) RGBl. 1874, S. 76.