Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

198 Das Verwaltungsrecht. 8170 
88 181a, 362 StrGB. kann daher bei der Verurteilung auf Grund 
der in 88 181a, 361 Nr. 3—8 genannten Straftaten, bei Bettelei 
jedoch nur dann, wenn der Verurteilte in den letzten drei Jahrem 
wegen dieser Uebertretung mehrmals rechtskräftig verurteilt worden 
ist, oder wenn er unter Drohungen oder mit Waffen gebettelt hat, 
zugleich erkannt werden, daß die verurteilte Person nach verbüßter 
Strafe der Landespolizeibehörde zu überweisen ist. Die letzterc 
erhält dadurch die Befugnis, die verurteilte Person bis zu zwei 
Jahren entweder in ein Arbeitshaus unterzubringen oder zu ge- 
meinnützigen Arbeiten zu verwenden. Sittenlose Weibspersonen 
können statt dessen in eine Erziehungs= oder Besserungsanstalt oder 
in ein Asyl untergebracht werden. Ausländer, gegen welche auf 
Ueberweisung an die Landespolizeibehörde erkannt ist, können an 
Stelle der Unterbringung in ein Arbeitshaus aus dem Bundes- 
gebiete verwiesen werden. 
Die bessernde Nachhaft darf also nur stattfinden auf Grund 
eines rechtskräftigen richterlichen Erkenntuisses. Sie hat aber nicht 
den Charakter der Strafe, was schon der äußerliche Umstand ergibt, 
daß sie das Strafgesetzbuch nicht unter den Strafen im ersten Ab- 
schnitte des ersten Teiles aufzählt. Denn das richterliche Urteil 
ordnet nicht die Unterbringung im Arbeitshause an, sondern läßt 
sie nur zu, während jede Strafe allein durch das Gericht angeordnet 
werden kann. Die bessernde Nachhaft ist also nicht Strafe, sondern 
polizeiliche Besserungsmaßregel im Interesse der öffentlichen Sicher= 
heit:). Die Ueberweisung erfolgt durch Anordnung der Landes- 
polizeibehörde, welche gleichzeitig die Dauer der bessernden Nach- 
haft festzusetzen hat. Das Höchstmaß der Ueberweisung beträgt 
zwei Jahre. Die Frage, ob die Landespolizeibehörde die Ueber- 
weisung innerhalb einer gewissen Frist auszusprechen hat, ist wohl 
richtig dahin zu beantworten, daß der Sträfling nach Ablauf von 
zwei Jahren seit Verbüßung der Freiheitsstrase für die Straftat 
nicht in dem Arbeitshause zurückgehalten werden kann. Denn 
die bessernde Nachhaft ist zwar nicht Nebenstrafe, aber doch ein 
Zubehör der Strafe und nach Art der Nebenstrafe zu beurteilen. 
Die Zeitdauer der Zulässigkeit der bessernden Nachhaft muß sich 
— — — — — —— 4 
7) Vgl. Erlaß des Ministers des Junern vom 25. Jannar 1885 
MBl. der inn. Verw. 1885, S. 47 —.
	        
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