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216 Das Verwaltungsrecht. 8172
zuzeigen. Diese hat die Krankheit durch den beamteten Arzt zu
ermitteln und die erforderlichen Schutzmaßregeln anzuordnen. Sie
bestehen in ärztlicher Beobachtung, Absonderung der kranken,
krankheits= oder ansteckungsverdächtigen Personen und können nicht
mit aufschiebender Wirkung angefochten werden. Auf Antrag wird
invalidenversicherungspflichtigen Personen bei Absonderung oder
Beschränkung in der Wahl des Aufenthalts oder der Arbeitsstätte
und Personen, denen Gegenstände infolge der notwendigen Des-
infektion beschädigt oder vernichtet sind, Entschädigung aus öffent-
lichen Mitteln gewährt.
Zur Ausführung des Reichsgesetzes und zur Bekämpfung
sonstiger übertragbaren Krankheiten ist das preußische Gesetz vom
28. August 19051) ergangen. Es betrifft Lungen- und Kehlkopf-
tuberkulose, Diphtherie (Rachenbräune), übertragbare Genickstarre,
Kindbettfieber, Körnerkrankheit (Grannlose), Rückfallfieber, übertrag-
bare Ruhr, Scharlach, Unterleibstyphus, übertragbare Tierkrank-
heiten (Milzbrand, Rotz, Tollwut) und Nahrungsmittelvergiftungen
(Trichinose, Fleisch-, Fisch und Wurstvergiftung). Die Maßregeln
der Bekämpfung (Pflicht zur Anzeige bei Erkrankungen und Todes-
fällen, bei Lungen- und Kehlkopftuberkulose nur bei letzterer, Krank-
heitsermittelung und Schutzmaßregeln) entsprechen den Vorschriften
des Reichsgesetzes. Die Anordnungen erläßt in der Regel die Orts-
polizeibehörde. Entschädigung wird nur für Gegenstände gewährt,
und nur, soweit der Betroffene den Verlust nicht ohne Beeinträchti?
gung des notwendigen Unterhalts zu tragen vermag. Die Fest-
setzung erfolgt durch vom Kreis (Stadthausschuß bezeichnete Sach
verständige. Die Kosten, die durch landespolizeiliche Maßregeln
gegen Einschleppung oder Weiterverbreitung auf andere Gebicte,
sowic durch Beteiligung des Kreisarztes und durch ärztliche Fest-
stellung von Scharlach, Körnerkrankheit und Diphtherie entstehen,
trägt die Staatskasse. Die übrigen aus öffentlichen Mitteln zu
bestreitenden Kosten sind als ortspolizeiliche zu betrachten. Soweit
sie über ein bestimmtes Maß hinausgehen, muß den Gemeinden
unter 5000 Einwohnern und kann den Gutsbezirken der Mehrbetrag
zu / von den Kreisen erstattet werden, wozu der Staat die Hälfte
der Leistung beiträgt.
14) G. 1905, S. 373.