8176 Geschichtliche Entwicklung der Armenpflege. 2003
bindung stand mit den beiden an demselben Tage erlassenen Ge-
setzen über die Aufnahme neu anziehender Personen und über
den Erwerb und Verlust der preußischen Staatsangehörigkeit. Es
zibt den vom AL#. noch theoretisch festgehaltenen Grundsatz der
Verpflichtung des Staates zur Armenpflege auf und üÜberweist
sie den Gemeinden und ergänzend den Landarmenverbänden. Die
Verpflichtung hatte, wenn keine andere nach privatrechtlichen Grund-
sätzen zum Unterhalte verbundene und dazu vermögende Person
borhanden war, die Gemeinde, in der der Bedürftige 1. als Mit—
blied ausdrücklich aufgenommen, oder 2. wenn eine solche Gemeinde
nicht vorhanden, die, in welcher er seinen Wohnsitz erworben, oder
d. wenn auch dies nicht der Fall war, die, in der er nach erlangter
Großjährigkeit sich drei Jahre lang aufgehalten hatte. In den
selbständigen Gutsbezirken lag die Sorge für die in dem Guts-
bezirke und dem dazu gehörigen Dorfe vorhandenen Armen nicht
2 Landgemeinde, sondern der Gutsherrschaft für die innerhalb
bes Gutsbezirks wohnhaften Personen ob. Der hiernach erworbene
Unterstützungswohnsitz ging verloren durch dreijährige Abwesenheit
ans der verpflichteten Gemeinde nach erlangter Grosjährigkeit.
diejenigen Armen, welche keinen Unterstützungswohnsitz hatten,
oder welche die Gemeinde zu verpflegen unfähig war, fielen dem
Landarmenverbande ihres Aufenthaltsortes zur Last.
Diese preußische Armengesetzgebung ging also aus von dem
Grundsatze der Freizügigkeit. Von gewissen Beschränkungen ab-
besehen, kann jeder seinen Wohnsitz oder Aufenthalt nehmen, wo
er will. Dieser Ort bildet dann den Unterstützungswohnsitz, voraus-
besetzt, daß wenigstens ein Wohnsitz oder ein dreijähriger Aufenthalt
an dem Orte vorliegt, und die Gemeinde des Unterstützungs-
wohnsitzes ist zur Armenpflege verpflichtet, ohne Rücksicht darauf,
di der zu Verpflegende ihr durch Geburt angehört oder nicht. Im
Gegensatze zu diesem Grundsatze des Unterstützungswohnsitzes
tanden die meisten übrigen deutschen Staaten auf dem des Heimats-
kechtes, wonach die Gemeinde des Geburtsortes zur Armenpflege
verpflichtet ist, und ein Wechsel der einmal durch Geburt erworbenen
Heimat nur unter besonderen Umständen erfolgen kann. Ins-
besondere war dieses Heimatsrecht als Grundlage der böffeut-
lichen Armenpflege maßgebend in den Hohenzollernschen Landen
und in den 1866 erworbenen Gebieten.