Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

266 Das Verwaltungsrecht. 8 177 
Heimatwesen den besonderen Rechtsbegriff der armenrechtlichen 
Familiengemeinschaft entwickelt. Daraus wird insbesondere ge- 
folgert, daß die Unterstützung eines Familiengliedes gleichzeitig 
eine solche des Familienhauptes sei, daß die dem Familienhaupte 
von einem Landarmenverbande gewährte Unterstützung den fürsorhe“ 
pflichtigen Landarmenverband für alle Familienmitglieder be- 
stimme, auch wenn deren Hilfsbedürftigkeit in einem anderen Be- 
zirke eintrete; daß die Uebernahme der Familienglieder nicht ohne 
die des Familienhauptes verlangt werden könne, falls auch letzteres 
sich im Bezirke des vorläufig unterstützenden Armenverbandes be- 
findei#). Eine solche armenrechtliche Familiengemeinschaft findet 
aber in dem Gesetze keinerlei Begründung. Es bestimmt nur, da 
sich unter gewissen Voraussetzungen der Unterstützungswohnsitz von 
Ehefrau und Kindern nach dem des Familienhauptes richten solle- 
Aus der Tatsache, daß die Familienglieder denselben Unter- 
stützungswohnsitz haben, folgt aber noch keineswegs, daß die übrigen 
armenrechtlichen Beziehungen der Familienglieder dieselben sind. 
Die Familiengemeinschaft beschränkt sich gesetzlich auf den Erwerb 
und den Verlust des Unterstützungswohnsitzes, aber zu einer Aus- 
dehnung der Familiengemeinschaft über dieses Gebiet hinaus fehlt 
jede gesetzliche Grundlage. 
Der Verlust des Unterstützungswohnsitzes tritt ein durch Er- 
werb eines anderen Unterstützungswohnsitzes, wozu auch der Fall 
zu rechnen ist, daß die Ehefrau durch die Heirat mit einem Land= 
armen dessen Mangel des Unterstützungswohnsitzes teilt und selbst 
landarm wird, und ohne Rücksicht auf einen solchen anderweiten 
Erwerb durch einjährige ununterbrochene Abwesenheit nach zu- 
rückgelegtem 16. Lebensjahre. Die Abwesenheit ist das Gegenteil 
des armenrechtlichen Aufenthaltes. Sie umfaßt also nicht die bloß 
tatsächliche Trennung von dem Orte, sondern diese Trennung muß 
gewollt sein. Die einjährige Frist läuft von dem Tage, an welchem 
die Abwesenheit begonnen hat. Diese Abwesenheit beginnt icboc 
nicht durch den Eintritt in eine Kranken-, Bewahr= und Heil- 
anstalt. Ist die Abwesenheit durch Umstände veranlaßtt), durch 
161) Vgl. Entsch. des BA. 10, 139; 16, 143; 18, 98; 20, 128. Eine 
Zusammenstellung der Rechtsgrundsätze im Centralblatt 1883, S. 83. 
auch Entsch. vom 12. Oktober 1884 bei Krech im Archiv Bd. 1, S. 212. 
15) Damit ist nicht gesagt, daß jene Umstände die Ursache der Ab-
	        
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