Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8179 Die Armenstreitsachen. 281 
I. Der Arme hat trotz der Bestimmungen, welche die Armen- 
verbände zur Verpflegung hilfsbedürftiger Personen verpflichten, 
keinerlei subjektives Recht auf diese Unterstützung. Er kann daher 
den Unterstützungsanspruch gegen einen Armenverband niemals 
im Rechtswege, sei es im ordentlichen, sei es im Verwaltungs- 
prozesse, sondern nur im Wege der gewöhnlichen Beschwerde bei 
der Verwaltungsbehörde geltend machen, und deren Pflicht ist es, 
keine Ansprüche zuzulassen, welche über das Notdürftige hinaus- 
gehen (§ 63 A.). Beschwerden von Armen gegen Verfügungen 
von Ortsarmenverbänden darüber, ob, in welcher Höhe und 
in welcher Weise Unterstützungen zu gewähren sind, unter- 
liegen 1., sofern eine Stadt von mehr als 10000 Ein- 
wohnern, in Hannover überhaupt eine Stadt mit Ausnahme der 
in § 27 der hannoverschen Kreisordnung genannten an dem Armen- 
verbande beteiligt ist, der endgültigen Beschlußfassung des Bezirks- 
ausschusses, 2. anderenfalls der endgültigen Beschlußfassung des 
Kreisausschusses. Desgleichen unterliegen Beschwerden von Armen 
gegen Verfügungen von nur aus einem Kreise bestehenden Land- 
armenverbänden über die Art und Höhe der Unterstützung der 
endgültigen Beschlußfassung des Bezirksausschusses (8 41 Z.). 
II. Das Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz hat nur 
die Rechte und Verbindlichkeiten zwischen den zur Gewährung öffent- 
licher Unterstützung verpflichteten Armenverbänden geregelt. Es 
sind daher die auf sonstigen, sei es privaten, sei es öffentlichen 
Rechtstiteln beruhenden Verpflichtungen, einen Hilfsbedürftigen zu 
unterstützen, unberührt geblieben. Der Rückgriff ist jedoch ver- 
schieden geregelt, je nachdem es sich um eine Unterstützungspflicht 
auf Grund eines sonstigen Rechtstitels, wie Familien- und Dienst- 
verhältnis, Genossenschaft, Stiftung usw., oder um eine solche auf 
Grund der öffentlichen Arbeiterversicherung handelt. 
Im ersteren Falle ist jeder Armenverband, welcher nach Vor- 
schrift des Reichsgesetzes einen Hilfsbedürftigen unterstützt hat, 
befugt, Ersatz derjenigen Leistungen, zu deren Gewährung ein 
dritter aus anderen als den durch das Gesetz über den Unter- 
stützungswohnsitz begründeten Titeln verpflichtet ist, von dem Ver- 
bflichteten in demselben Maße und unter denselben Voraussetzungen 
ön fordern, als dem Unterstützten auf jene Leistungen ein Recht 
zusteht. Der Einwand, daß der unterstützende Armenverband den
	        
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