Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

9 179 Die Armenstreitsachen. 289 
scheidung, zu keinen besonderen Erörterungen weiter Anlaß. Es 
handelt sich nur noch darum, was man unter dem Anerkenntnisse 
zu verstehen hat, ein Begriff, der dem gewöhnlichen Verwaltungs- 
streitverfahren fremd ist, und der auch in den bisherigen Aus- 
führungen über die Gestaltung des armenrechtlichen Streitver- 
fahrens noch nicht auftauchte. Das Rechtsverhältnis ist hierbei 
folgendes: · 
Den vorläufig unterstützungs- oder übernahmeverpflichteten 
Armenverbänden bleibt es unbenommen, die tatsächliche Voll- 
streckung der Ausweisung durch eine unter sich zu treffende Einigung 
über das Verbleiben der auszuweisenden Person oder Familie in 
ihrem bisherigen Aufenthaltsorte gegen Gewährung eines be- 
stimmten Unterstützungsbetrages von seiten des endgültig ver- 
pflichteten Armenverbandes dauernd oder zeitweilig auszuschließen. 
Auf Aurufen eines der Beteiligten sind die erstinstanzlichen Be- 
hörden verpflichtet, zwecks tunlicher Herstellung einer solchen Eini- 
gung vermittelnd einzuschreiten. Ist die Einigung urkundlich in 
Form eines Anerkenntnisses festgestellt, so findet auf deren Grunde 
das Verwaltungszwangsverfahren statt. Wenn mit der Ausweisung 
Gefahr für Leben oder Gesundheit des Auszuweisenden oder seiner 
Angehörigen verbunden sein würde, oder wenn die Ursache der 
Erwerbs= oder Arbeitslosigkeit des Auszuweisenden durch eine im 
Reichskriegsdienste oder bei Gelegenheit einer Tat persönlicher 
Selbstaufopferung erlittene Verwundung oder Krankheit herbei- 
geführt ist, oder endlich, wenn sonst die Wegweisung vom Aufent- 
haltsorte mit erheblichen Härten oder Nachteilen für den Aus- 
zuweisenden verbunden sein sollte, kann auch bei nicht erreichter 
Einigung das Verbleiben der auszuweisenden Person oder Familie 
in dem Aufenthaltsorte gegen Festsetzung eines von dem ver- 
bpflichteten Armenverbande zu zahlenden Unterstützungsbetrages 
durch die zur Entscheidung in erster Instanz zuständige Behörde 
des Ortsarmenverbandes des Aufenthaltsortes angeordnet werden. 
Gegen diese Anordnung, welche bei Fortfall der Voraussetzungen, 
unter denen sie erlassen ist, jederzeit zurückgenommen werden kann, 
steht beiden Teilen innerhalb vierzehn Tagen nach der Zustellung 
die Berufung an das Bundesamt für das Heimatwesen zu, welches 
endgültig entscheidet. Dasselbe findet statt, wenn der Antrag des 
verpflichteten Armenverbandes auf Erlaß einer solchen Anordnung 
Bornhak, Preußisches Staatsrecht. III. 2. Aufl. 19
	        
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