Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

380 Das Verwaltungsrecht. 8187 
ausschließlich, soweit es sich um die Erzeugung der Güter handelt, 
auf Handarbeit. Gewerbebetrieb und Handwerk decken sich daher 
im Mittelalter. Dieser Handwerksbetrieb suchte sich nun in seinem 
wirtschaftlichen Bestande zu sichern vermöge der Vereinigung. Die 
Verbindungen der Handwerker untereinander, die Zünfte, bilden 
sich teils im Anschlusse an die alten hofrechtlichen Handwerker— 
verbände, teils im Anschlusse an die freien bürgerlichen Gilden. 
Aus beiden Bildungselementen entsteht die neue Berufsgenossen— 
schaft der Zunft. 
Die Zunft sichert den wirtschaftlichen Bestand des einzelnen 
Handwerkers durch Regelung der Warenerzeugung im Verhält— 
nisse zum Bedarfe, sie sichert die Güte der Ware durch genaue 
Beaussichtigung der Arbeit, die Tätigkeit der Zunft lag also gleich— 
zeitig im Interesse der Erzeuger wie der Verbraucher. Diese Auf— 
gaben konnte aber die Zunft nicht erfüllen, ohne gewisse obrigkeit— 
liche Befugnisse. Eine Aufsicht über die gesamte Warenerzeugung 
eines Gewerbezweiges war nur möglich, wenn alle Gewerbe- 
treibenden Mitglieder der Zunst waren. Der Zunftzwang, die 
Bedingtheit des Gewerbebetriebes durch die Aufnahme in eine 
Zunft, ist daher schon sehr früh ein wesentliches Keunzeichen der 
Zunft. Die Güte der Arbeit, welche die Zunft beaufsichtigen soll, 
hängt aber auch fernerhin vielfach ab von der Ausbildung der 
Arbeiter. Die Zunft muß sich daher davon überzeugen, ob die- 
jenigen, welche die Aufnahme als Mitglieder nachsuchen, auch 
die nötige Befähigung zum selbständigen Gewerbebetriebe haben. 
Sie muß weiter für die Ausbildung im einzelnen durch Beausfsichti- 
gung des Gesellen- und Lehrlingswesens sorgen, damit geeigunete 
Kräfte herangebildet werden. Sie muß endlich ihren Aufgaben 
nötigenfalls durch Anwendung von Zwangsmitteln gerecht werden 
können. Damit sind die wesentlichen Kennzeichen der mittelalte! 
Arnold, Geschichte der deutschen Freistädte, Hamburg und Gotha 18501 
W. Nitzsch, Ministerialität und Bürgertum im 11. und 12. Ihd., Leipzig 
1859; O. Gierte, Das deutsche Genossenschaftsrecht, 3 Bände, Berlin 
1868 fl.: W. Stieda, Zur Eutstehung des deutschen Zunftwesens in 
den Jahrb. für Nationalökonomie und Statistik Bd. 27, S.ff.; C. Neu-' 
burg, Zunftgerichtsbarkeit und Zunftverfassung in der Zeit vom 13. bis 
16. Ihd., Jena 1880; M. Meyer, Geschichte der preußischen Hand“ 
werlerpolitik, 2 Bände (1640—1740), Minden 1884— 1888.
	        
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