Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

412 Das Verwaltungsrecht. 3189 
gleichen handelt, dann, wenn in dem Verwaltungsbezirke der 3- 
ständigen Behörde schon eine den Verhältnissen des Bezirkes ent- 
sprechende Anzahlvon Personen mit Wandergewerbescheinen versehen ist. 
Der Wandergewerbeschein kann versagt werden Personen unter 
25 Jahren, sofern sie nicht einziger Ernährer ihrer Familie und 
bereits vier Jahre im Wandergewerbe tätig sind, blinden, tauben, 
stummen und geistesschwachen Personen. Ihnen soll in der Regel 
der Gewerbeschein nicht erteilt werden. Außerdem kann der Wander— 
gewerbeschein nach dem Ermessen der Polizeibehörde versagt werden: 
a. Personen, die im Inlande keinen festen Wohnsitz haben; b. Per- 
sonen, welche wegen der in § 57b Nr. 2 der Gewerbeordnung g9 
nannten strafbaren Handlungen zu einer Freiheitsstrafe von min- 
destens einer Woche verurteilt sind, wenn seit der Verbüßung der 
Strafe noch nicht fünf Jahre verflossen sind; c. Personen, welche 
wegen Verletzung der auf den Hausierbetrieb bezüglichen Vorschriften 
im Laufe der drei letzten Jahre wiederholt bestrast worden sind; 
d. Personen, welche Kinder besitzen, für deren Unterhalt und Unter- 
richt nicht genügend gesorgt ist. 
Der Wandergewerbeschein wird für die Person ausgestellt und 
ist unübertragbar. Falsche Angaben über die Personalien zum 
Zwecke der Erlangung des Scheines, sowie dessen Ueberlassung an 
andere sind nach §5 148 der Gewerbeordnung strafbar, desgleichen 
der Gewerbebetrieb selbst ohne vorherige Erlangung des gesetzlich 
notwendigen Wandergewerbescheines. Bei den meisten Gewerbs- 
zweigen erfolgt die Erteilung für das Kalenderjahr. Der Gewerbe-- 
treibende hat dann die Befugnis, das Gewerbe nach Entrichtung 
der darauf haftenden Landessteuern im ganzen Reichsgebiete zu 
betreiben. Der Wandergewerbeschein für Musikaufführungen und 
dergleichen kann jedoch für eine kürzere Dauer als das Kalenderjahr 
ausgestellt werden und hat nur Gültigkeit für den Bezirk der aus- 
stellenden Behörde, sofern er nicht von einer anderen zuständigen 
Verwaltungsbehörde auf ihren Bezirk ausgedehnt worden ist. Der 
Juhaber hat den Gewerbeschein während der Ausübung des Ge- 
werbebetriebes bei sich zu führen und ihn auf Erfordern gleich 
seinen Waren der zuständigen Behörde vorzulegen, widrigenfalls 
der Betrieb bis zur Herbeischaffung des Gewerbescheines untersagt 
werden kann. 
Zuständig zur Erteilung des Gewerbescheines ist die höhere
	        
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