Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

428 Das Verwaltungsrecht. 8 192 
Praxis des Reichsoberhandelsgerichts und des Reichsgerichts!) 
nimmt daher als Unterscheidungsgrund die Beschäftigungsart an, 
der Handlungsgehilfe leistet kaufmännische, der Gewerbegehilfe tech— 
nisch-gewerbliche Dienste. Diese Unterscheidung ist auch hier zu- 
grunde zu legen. Die Bestimmungen über gewerbliche Arbeits- 
verhältnisse beziehen sich also auf Personen, welche kaufmännische 
Dienste leisten, nur in den besonders hervorgehobenen Puntten. 
Was das Arbeitsverhältnis im allgemeinen betrifft, so sind 
die früheren Koalitionsverbote, d. h. Verbote für Gewerbetreibenda 
und Arbeiter, sich zur Erlangung günstigerer Lohn= und Arbeirs 
bedingungen zu verbinden, aufgehoben. Jedoch sind alle Verträge, 
durch welche sich ein Gewerbetreibender oder ein Arbeiter ver- 
pflichtet, von einer solchen Vereinigung oder Verabredung nicht 
zurückzutreten, nichtig. Die Anwendung von physischem vder 
psychischem Zwange, um andere zur Teilnahme an solchen Ver- 
abredungen und Vereinigungen oder zur Befolgung ihrer Beschlüsse 
zu veranlassen oder sie vom Rücktritte abzuhalten, sowie der Ver- 
such zu diesen Handlungen ist strafbar (§ 152 GO.). Diesen Zu- 
stand bezeichnet man gewöhnlich als Koalitionsfreiheit. Diese 
Koalitionsfreiheit ist aber ebenso wenig wie die Gewerbefreiheit 
ein subjektives Recht, sondern empfängt ihren bestimmenden Cha- 
rakter durch die Aufhebung der bisherigen Beschränkungen dieser 
Belätigung der Willensfreiheit. 
Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, alle diejenigen Ein- 
richtungen und Anordnungen zu treffen und zu unterhalten, welche 
mit Rücksicht auf die besondere Beschaffenheit des Betriebes zu tun- 
lichster Sicherheit gegen Gefahren für Leben und Gesundheit und 
zur Aufrechterhaltung der guten Sitten wie zur Sicherung des 
Anstandes erforderlich sind. Dahin gehört namentlich die besondere 
Rücksicht auf Gesundheit und Sittlichkeit der jugendlichen Arbeiter 
unter 18 Jahren. Der Bundesrat kann Vorschriften über Ein- 
richtungen erlassen, welche für alle Anlagen einer bestimmten Art 
herzustellen sind. Soweit dies nicht geschehen ist, können die Au- 
ordnungen von der Landeszentralbehörde oder im Wege der Polizei- 
verordnung nach Anhörung der Vorstände der beteiligten Berufs- 
genossenschaften oder Sektionen erlassen werden. Auch kann der 
1) Vgl. Deruburg, Preuß. Privatrecht Bd. 2 §193 und die dort 
in den Noten angeführten Erkenntnisse.
	        
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