Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

40 Das Verwaltungsrecht. 3153 
als solches, sondern nur Kontingente der Einzelstaaten, das Reich 
hat keine Truppen, die nicht Truppen der Einzelstaaten wären, 
die Einheitlichkeit des Heeres besteht nur insofern, als die Kon- 
tingente der Einzelstaaten gleichmäßig organisiert und bewaffnet 
sind, unter dem gemeinsamen Oberbefehle des Kaisers stehen und 
aus Reichsmitteln unterhalten werden. Die Kontingentsherrlich- 
keit wäre also hiernach nichts anderes als die militärische Dienst- 
herrlichkeit. Dagegen wird auf der anderen Seiter) ausgeführt, daß 
die Einheitlichkeit des Heeres sei die Grundlage des deut- 
schen Militärrechtes, das Subjekt der Militärhoheit bilde das Reich, 
die Kontingente wären lediglich die Abteilungen, in welche sich das 
einheitliche Reichsheer gliedere. Die Kontingentsherrlichkeit er- 
scheint dieser Auffassung als ein Bündel einzelner Befugnisse der 
Landesherren, vorzugsweise von Ehrenrechten, die sich auf einen 
einheitlichen Gesichtspunkt nicht zurückführen lassen. Der Kern- 
punkt der Streitfrage ist also der, ob das Reich oder die Einzel- 
staaten Inhaber der militärischen Dienstherrlichkeit sind und ver 
möge dessen eigene Truppen besitzen. Aus dieser Feststellung der 
Streitfrage ergibt sich schon, daß man sich entweder für die eine 
oder die andere Auffassung entscheiden muß, jede vermittelnde 
Ansicht, so sehr der schwankende Sprachgebrauch der Reichsverfassung 
auf eine solche hinweisen mag, ein Ding der Unmöglichkeit ist. 
Zunächst ist festzustellen, daß aus dem vollständig verwirrenden 
Sprachgebrauche der Reichsverfassung weder für die eine noch für 
die andere Ansicht etwas zu entnehmen ist. Es ist hier abwechselnd 
die Rede von einem deutschen Heere oder Reichsheere, der Landmacht 
des Reiches, den deutschen Truppen und andererseits von der 
preußischen Armee, den anderen Kontingenten, den eigenen Truppen 
der Bundesfürsten und Senates). Dieser schwankende Sprach- 
gebrauch kann also in keiner Hinsicht maßgebend sein. 
Die Militärgesetzgebung ist, von der hier nicht weiter in Be- 
tracht kommenden Ausnahme bezüglich der Militärkirchenordnung 
abgesehen, ausschließlich Sache des Reiches. Selbst von derjenigen 
Auffassung, welche die Militärhoheit den Einzelstaaten beilegt, muß 
daher zugegeben werden, daß diese Militärhoheit keine souveräne 
2) Vgl. die an der Spitze des Abschnitts aufgeführten Schriften von 
G. Meyer, Zorn, H. Schulze, Gau, Brockhaus. 
3) Vgl. Art. 60 -GC6 NMV.
	        
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