81097 Die Wege. 46
ersetzt iste). Noch zersplitterter ist die Wegegesetzgebung in den west-
lichen Provinzen, die aus zahllosen kleinen Gebietssplittern zu-
sammengewachsen sind. Es gelten in diesen Gebieten eine ganze
Reihe von älteren Edikten aus dem 17. und 18. Jahrhundert, bis-
weilen in einem Gebiete über ein halbes Dutzend. Selbst ihre
Aufzählung an dieser Stelle würde zu weit führen?), um so mehr, als
es vielfach einer eingehenden Untersuchung bedarf, ob die Ver-
ordnungen nicht durch ältere derogatorische Gewohnheit abgeschafft
sind, und einige kleinere Gebiete gewohnheitsrechtlich sich an den
echtazustand des sie umschließenden größeren Gebietes angeschlossen
aben.
Abgesehen von der außerordentlichen partikularen Zer—
splitterung des Rechtszustandes nach den alten geschichtlichen Ge-
bieten ist diese Gesetzgebung vollkommen unzureichend in doppelter
dinsicht. Sie trägt einmal den modernen Verkehrsbedürfnissen
leine Rechnung. Außerdem beruht sie aber auf wirtschaftlichen
und sozialen Voraussetzungen, welche, wie namentlich die Guts—
herrlichkeit und Abhängigkeit des Bauernstandes, längst nicht mehr
zutreffen. Auf keinem anderen Verwaltungsgebiete hatte daher das
Gewohnheitsrecht und eine durch künstliche Schlußfolgerungen sich
über das geltende Recht hinwegsetzende Verwaltungspraxis eine so
weite Stätte wie hier. Schon seit 1820 wurde der Erlaß einer
allgemeinen Wegeordnung vorbereitet. Wiederholt im Anfange der
sechziger Jahre und zuletzt im Jahre 1875 gingen dem Landtage
Vorlagen zu. Es wurde jedoch damals seitens des Abgeordneten-
hauses der Wunsch ausgedrückt, daß erst durch eine Landgemeinde-
ordnung die Vorbedingungen für eine Reform des Wegerechts ge-
chaffen würden.
Besser waren die Rechtszustände in den neuen Provinzen,
da hier die Wegegesetzgebung zum größten Teile aus dem 19. Jahr-
hundert stammt, und deshalb den Bedürfnissen der Gegenwart
gerecht wird. Es gelten in der Provinz Schleswig-Holstein die
Vegeordnung vom 1. März 18428), das Patent vom 27. Dezember
— —
E 68) Uebereinstimmend Entsch. des Ob. Trib. vom 6. Juni 1841 —
ntsch. des OVG. vom 26. Mai 1877, Bb. 2, S. 263.
#Sie sind zum großen Teile abgedruckt bei v. Rönne a. a. O.
Le-dbf Für die Rheinprovinz vgl. Eckert, Rheinisches Wegerecht,
in 1906. 8) Chronologische Sammlung S. 191.