l 153 Die Kontingenteherrlichleit. 13
der militärischen Freizügigkeit ergibt sich also nichts für die Dienst-
herrlichkeit des Reiches.
Jede Dienstherrlichkeit hat zur Voraussetzung, daß der Dienst-
herr den in seinem Dienste stehenden Personen etwas befehlen
kann. Das Befehlsrecht kann ein umfassendes oder ein beschränktes,
jedenfalls muß es vorhanden sein, jedenfalls muß der Unter-
gebene dem Dienstherren irgendwelchen selbständigen Gehorsam
schulden, d. h. einen Gehorsam, der nicht darauf beruht, daß ein
Dritter den Befehl gibt, den betreffenden Anordnungen zu ge-
horchen. Eine solche selbständige Gehorsamspflicht der Truppen
gegenüber den Befehlen der Kontingentsherren besteht aber
nirgends. Wie später darzutun sein wird, steht das Kommando
über die Kontingente entweder dem Kaiser oder den vom Kaiser
ernannten Kommandeuren zu. Allerdings haben die Kontingents-
herren einzelne Kommandobefugnisse wic die Ernennung der Offi-
ziere, die Bestimmung der äußeren Abzeichen der Truppen, die
Verwendung im polizeilichen Interesse, aber sie haben sie nur
auf Grund der Bestimmungen der Reichsverfassung, d. h. weil
die Reichsgewalt den Truppen ein= für allemal den Befehl gegeben
hat, in gewissen Fällen den Anordnungen des Kontingentsherren
Folge zu leisten. Eine Dienstherrlichkeit ist undenkbar ohne selb-
ständiges Befehlsrecht des Dienstherren, ohne selbständige Ge-
horsamspflicht der Untergebenen. Dieses selbständige Befehlsrecht
hat aber ausschließlich das Reich, die selbständige Gehorsamspflicht
der Truppen besteht ebenso ausschließlich der Reichsgewalt gegen-
über. Folglich kann die Dienstherrlichkeit nur dem Reiche zu-
stehen, die Kontingentsherrlichkeit muß etwas von der militärischen
Dienstherrlichkeit Verschiedenes sein.
Dieses Rechtsverhältnis findet auch seinen Ausdruck in dem
Fahneneide. Für Preußen ist aus ihm nichts zu entnehmen, da
hier Kaiser und Landesherr dasselbe sind, der Eid der Treue und
des Gehorsams dem deutschen Kaiser und Könige von Preußen
geleistet wird. Nach den Konventionen mit Sachsen und Württem-
berg, von denen die letztere ausdrücklich durch die Reichsverfassung
in bezug genommen wird, leistet aber der Soldat den Eid, „daß
er Seiner Majestät dem Könige während seiner Dienstzeit als
Soldat treu dienen, dem Bundesfeldherren und den Kriegsgesetzen
Gehorsam leisten wolle“. Rechtspflicht ist nur die Gehorsamspflicht,