8199 Die Eisenbahnen. 191
erfolgt. Gleichzeitig mit der Erteilung der Genehmigung wird
dem Unternehmer durch besondere königliche Verordnung das Ent-
eignungsrecht verliehen. Durch die Genehmigung, welche rein
persönlich ist, erhält der Unternehmer das Recht zum Bau und
Betriebe der Bahn, hat aber andererseits die Verpflichtung, die
Bahn der Genehmigung entsprechend auszuführen, widrigenfalls
die Anlage nach einer letzten Fristbestimmung von sechs Monaten
für Rechnung des Unternehmers öffentlich versteigert werden kann
unter der Bedingung der Ausführung durch den Erwerber. Vor
der wirklichen Eröffnung des Betriebes ist noch eine besondere staat-
liche Genehmigung der Eröffnung erforderlich. Die Genehmigung
erlischt, abgesehen von der Nichtausführung der Bahn: 1. wenn
ie Genehmigungsbedingungen nicht eingehalten werden, 2. wenn
ie Genehmigung nur für eine bestimmte Zeit erteilt war, mit
deren Ablauf und 3. durch Ankauf der Bahn seitens des Staates.
Ein solches Ankaufsrecht steht dem Staate gesetzlich zu dreißig
Jahre nach Eröffnung des Betriebes.
Neben dem Anlage-= und Genehmigungsrechte des Staates
geht das des Reiches parallel. Nach Art. 41 der Reichsverfassung
können Eisenbahnen, welche im Interesse der Verteidigung Deutsch-
lands oder des gemeinsamen Verkehrs für notwendig erachtet
werden, kraft eines Reichsgesetzes auch gegen den Widerspruch der
Bundesglieder, deren Gebiet die Eisenbahn durchschneidet, unbe-
schadet der Landeshoheitsrechte für Rechnung des Reiches angelegt
oder an Privatunternehmer zur Ausführung genehmigt und mit
dem Enteignungsrechte ausgestattet werden.
II. Die Ausübung des Eisenbahnbetriebes unterliegt zwie-
fachen Beschränkungen, einmal im Interesse der Sicherheit und
Ordnung des Eisenbahnbetriebes und ferner im Interesse des
erkehrs überhaupt. Im ersteren Falle kommen die polizeilichen
Gesichtspunkte zur Geltung, man bezeichnet diesen Zweig zutreffend
als Eisenbahnpolizei, bei Beschränkungen der letzteren Art handelt
*s sich um eine staatliche Pflege. In beiden Fällen nimmt das
Reich die oberste Aufsicht für sich in Anspruch, ohne damit die-
lenige der Einzelstaaten auszuschließen.
b Zur Handhabung der Aufsicht des Reiches ist durch das Gesetz
dom 27. Juni 187311) eine dem Reichskanzler untergeordnete Be-
14) REBl. 1873, S. 164.