Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

502 Das Verwaltungsrecht. g 200 
hunderts ein eigentümliches Finanzsystem, welches sich als das 
gerade Gegenteil einer geordneten Finanzwirtschaft darstellt. Die 
Stände bewilligen wieder zwei neue Steuern, eine direkte Grund- 
steuer, den Hufen- und Giebelschoß, und eine indirekte Abgabe, 
das sogenannte Neue Biergeld. Beide Steuern werden jedoch aus- 
schließlich unter ständische Verwaltung genommen. Die Stände 
haben die Steuer nicht nur zu bewilligen, zu verteilen und ein- 
zuziehen, es wird auch für die oberste Verwaltung ein besonderer 
ständischer Ausschuß gebildet. Von diesem werden aber weiterhin 
die vereinnahmten Summen nicht unmittelbar an die landesherr“ 
lichen Behörden zur Deckung der laufenden Verwaltungskosten ab- 
geführt. Es bleibt vielmehr dem Landesherren überlassen, zu diesem 
Zwecke Schulden zu machen, die dann von den Ständen unter den 
drückendsten Bedingungen auf ihr Kreditwerk übernommen werden- 
Insbesondere lassen sich die brandenburgischen Stände, um den 
Kurfürsten in dauernder finanziellen Abhängigkeit von sich zu el- 
halten, 1543 zusichern, daß eine Veräußerung oder Verpfänduny 
der Domänen nur mit ihrer Zustimmung stattfinden solle. 
So stellt sich denn allerdings seit der Mitte des 16. Jahr- 
hunderts eine Doppelbildung zwischen landesherrlicher und stän- 
discher Finanzverwaltung heraus. Die Einnahmen beider sind für 
den Staat dauernd notwendig. Gleichwohl werden die neuen 
Steuern aus politischen Gründen nicht zu einem Bestandteile de 
ordentlichen Einnahme des Landesherren. Dieser Zwiespalt 
zwischen landesherrlicher und ständischer Finanzverwaltung ist we 
davon entfernt, aus dem Wesen des ständischen Patrimonialstaate 
zu folgen oder dessen notwendige Eigentümlichkeit zu bilden. 
Gegenteile waren bis in Mitte des 16. Jahrhunderts alle zu 
Deckung der laufenden Staatsbedürfnisse notwendigen Einnahmen 
von periodischen ständischen Bewilligungen unabhängig, sobald ihr 
dauernde Notwendigkeit erkannt wurde. Nur die in Notfälle UQ 
erforderlichen außerordentlichen Beihilsen unterlagen der stän k, 
schen Bewilligung, aber auch hier fand kein freies Bewilligung t 
und Versagungsrecht der Stände statt, sondern nur die Höhe 
Abgabe, zu deren Bewilligung die Stände rechtlich verpflicht 
waren, bildete den Gegenstand einer besonderen Vereinbarur, 
zwischen dem Landesherren und den Ständen. In den außerordei 
» « t- 
lichen Beihilfen kann man aber ebensowenig eine gewöhnliche staa
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.