Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8153 Die Kontingentsherrlichkeit. 45 
Wie bereits erwähnt wurde, unterscheidet man bei den das 
Heer betreffenden staatlichen Anordnungen, welche nicht Gesetze 
sind, Armeebefehle und Akte der Militärverwaltung im engeren 
Sinne. Diese Unterscheidung ergibt sich mit innerer Notwendigkeit 
aus dem Wesen des Militärrechts und wird daher auch anerkannt, 
wo kein Gesetz sie ausdrücklich aufstellt, wie z. B. in Prcußen und 
dem Deutschen Reiche. An und für sich bedarf jeder Befehl des 
Monarchen zu seiner Rechtsgültigkeit der ministeriellen Gegen- 
zeichnung. Die Verfassungsurkunden übertragen aber außerdem 
dem Monarchen den Oberbefehl über das Heer oder erkennen 
diesen Oberbefehl als zu Recht bestehend an. Der Monarch hat 
hiernach das Recht, Befehle zu erteilen, welche die unmittelbare 
militärische Aktion des Heeres bezwecken. Es ist ohne weiteres 
einleuchtend, daß die Rechtsgültigkeit dieser Befehle, mögen sie 
im Kriegs= oder in Friedenszeiten erteilt werden, nicht von einer 
ministeriellen Gegenzeichnung bedingt sein kann. Es wäre die 
reine Karrikatur der konstitutionellen Staatsform, wenn in der 
Schlacht oder im Manöver der König jeden an seine Truppen ge- 
richteten Befehl erst schriftlich aufsetzen und von einem Minister 
gegenzeichnen lassen müßte. Der formelle Unterschied zwischen 
Armeebefehlen und Akten der Militärverwaltung besteht also darin, 
daß Armeebefehle ohne ministerielle Gegenzeichnung gültig sind, 
nicht aber Akte der Militärverwaltung. Nun kann aber eine An- 
ordnung gleichzeitig beides sein. Als dem Heere unmittelbar zu 
machende Mitteilung ist sie dann Armeebefehl und bedarf keiner 
egenzeichnung, soweit sie dagegen nur die Vorbedingungen und 
Mittel der bewaffneten Macht beschafft, eine vom Minister gegen- 
zuzeichnende Verordnunge). Die Akte der Militärverwaltung, 
welche vom Monarchen ausgehen, bezeichnet man gewöhnlich als 
Armeeverordnungen, wenn dieser Ausdruck auch gesetzlich zur Be- 
zeichnung jenes Begriffs nie amtlich anerkannt ist. Gleichgültig 
ist es endlich, ob es sich um Rechtsnormen oder um tatsächliche 
nordnungen handelt. Sowohl der Armeebefehl wie die Armee- 
verordnung können Rechtsnormen und tatsächliche Anordnungen 
enthalten. 
— 
6) Vgl. den Allerhöchsten Erlaß vom 18. Jannar 1861 und die 
Ausführungen in Band 1 5 70 am Ende.
	        
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